Stadtrecht

Das "Stadtrecht" definiert im Mittelalter die Privatrechtsverhältnisse sowie die Gegenstände des öffentlichen Rechts. Eine geschlossene Ansiedlung konnte durchaus in verschiedene Stadtrechtsgebiete aufgeteilt sein. Ein Roland galt als Sinnbild der Eigenständigkeit einer Stadt mit Marktrecht und eigener Gerichtsbarkeit. Das wesentliche Merkmal einer Stadt war jedoch die Existenz von Bürgern. In mittelalterlichen Städten war das Bürgerrecht ein Privileg, das nur bestimmten Einwohnern der Stadt zuteil wurde und durch eine Urkunde verliehen wurde.

Im 13. Jahrhundert begann die Anlegung von Städten nach Deutschem Recht und die Ummauerung und Erweiterung bereits vorhandener Dörfer und Städte und ihrer Einrichtung nach Deutscher Art (jure teutonico).
Die Land- oder Grundherren pflegten die Orte, die nach "Deutschem Stadtrecht" angelegt werden sollten, mit meist ritterbürtigen Leuten (milites) zu belegen. Oft war die Entstehung der Stadt nach Deutschem Recht mit der Beigabe von Hufen (mansi) verbunden, die von den Unternehmern, "locatores" oder "locatores civitatum" genannt, unter den neuen Stadtbürgern aufgeteilt wurden. Zur Anlegung der Stadt (at civitatem construendam) nach Deutschem Recht war die Umgebung der Stadt mit Mauern, Wällen und Gräben ein wesentliches Erfordernis.

In einer Urkunde wird Prenzlau 1188 als wendische Siedlung mit Markt- und Kruggerechtigkeit genannt. Zugleich erhielt sie Zollgerechtigkeit in Pommern und das Recht, Mühlen zu bauen.
Aus einer Urkunde aus dem Jahre 1223, die die Markgrafen Johann und Otto zu Brandenburg speziell für die Brüder des Minoritenordens zu Prenzlau verfaßt haben sollen, nach der der bereits bestehende Klosterhof vergrößert werden sollte und die Klosterinsassen zum Stadtschutz am Mittelgraben entlang eine Mauer errichten mußten, geht hervor, daß es die Stadt Prenzlau bereits gab. In dieser Urkunde werden das Kuh- und Wursttor als vorhanden gemeldet und die Einwohner Prenzlaus (Prenslauie) als Bürger bezeichnet. Selbst Wassermühlen waren zu dieser Zeit bereits in Prenzlau vorhanden. In der Urkunde heißt es "...daß nämlich der Klosterhof von der Stadtgasse anfangen und bis zum alten Graben, der von der Mühle durch die Fischbrücke Fließet, gehen soll." (siehe Seckt 1785, Urkunde Nr. 1) Die Stadtgasse ist die Springstr. (Klosterstr.), der "alte Graben" ist der Mittelgraben.

Prenzlau war also bereits eine bestehende slawische Stadt mit Marktrecht , Krugrecht und Bürgern, als Barnim I. dieser Ortschaft unter Beigabe von 300 Hufen Land sowie Wald und Weide, das "Magdeburger Stadtrecht" verlieh. Als Prenzlau später an Kurbrandenburg kam, wurde es abermals mit 250 Hufen Land erweitert.

Das erste Stadtgründungsfest Prenzlaus fand 1934 als Propagandafest der Nazis statt und wurde aus Berlin organisiert und finanziert. Die Urkunde, in der Barnim I. der Stadt Prenzlau das Magdeburger Stadtrecht gab, wurde zur Gründungsurkunde der Stadt Prenzlau "ernannt".



Die Datumszeile "M• CC• X• XX quinto. Sexto kal Januarij." gibt nicht das Jahr 1235 an!


Durch die sogenannten Betonungszeichen über den "M", "C" und "X", die in Urkunden dieser Zeit keine Seltenheit sind, wird die Jahreszahl bestimmt: M = 1000, C = 100 und X = 10, ergibt das Jahr 1230.
Quinto bedeutet "die Fünfte" und steht für die Urkunde. Nur ein "V" würde zur Jahreszahl gehören. Im Mittelalter wurden Urkunden durch Kopisten vervielfältigt und an unterschiedlichen Orten aufbewahrt. Wir haben es hier also mit der erhaltenen 5. Urkunde zu tun.
"Sexto kal Januarij" bezeichnet den 6. Tag vor den Kalenden des Januar. Hier wird vom bestimmenden Tag, der mitgezählt wird und in diesem Fall den 1. Januar bezeichnet, 6 Tage zurückgezählt. Das Datum der Urkunde beschreibt also einen Tag im Dezember des Jahre 1229.
Barnim I. hat zu diesem Zeitpunkt unter Vormundschaft regiert, da er noch nicht rechtsmündig war. Aus diesem Grund sind zwei Siegel an der Urkunde angebracht, das Siegel des Unbekannten Vormundes und das (Jugend-)Siegel Barnim I.
Die noch heute weitverbreitete geschichtliche Aussage: Barnim I. habe unter der Vormundschaft seiner Mutter die Stadt Prenzlau im Jahre 1234 gegründet, ist falsch, denn seine Mutter starb bereits 1233!



Aus der Geschichte sind auch Doppelbestätigungen von der Miroslawa und Barnim I. bekannt, z.B. 1226 die Bestätigung aller Güter und Gerechtigkeien des Klosters Kolbatz.



Die folgenden Texte zeigen die Unterschiede in der Abschrift/Interpretation des Originaltextes der Urkunde.
Nicht betrachtet wurden die Schreibweisen u/v, j/i. Beispiele für die Unterschiede sind rot markiert.


Ch. W. Grundmann, Uckermärkische Adelshistorie, Prenzlau 1744:


Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, 4 H BOR UN I, 4612:1




Johann Samuel Seckt - "Versuch einer Geschichte der Uckermärkischen Hauptstadt Prenzlau", Erster Theil, Prenzlau 1785, Seite 150ff.

Übersetzung:
"Barnim von Gottes Gnaden der Slaven Herzog. Kund sey allen an welche dieses gelanget. Es stehe geschrieben: man mus so durch das Zeitliche hindurch gehen, daß das Ewige dabei nicht verliert. Da wir nun alles was wir thun, nicht anders als nach reiflichen vorgängigen Ueberlegungen thun müßten, wie wir aus den Grundsätzen der heiligen Schrift von gelehrten Männern unterrichtet sind, die uns zum öftern mit Wegräumung aller Dunkelheit der Sprache, solches mit den deutlichen Gründen dargetan haben: so haben wir in Bewegung des obigen Schriftsatzes für gut gefunden, dasjenige, was wir gethan und verordnet haben, durch Urkunden und Denkmale zu verewigen, damit es uns und unsern Nachfolgern nicht aus dem Gedächtnis kommen kan. Einremal wir in Rücksicht auf unsern Nutzen und Bestes, wie nicht weniger in Gemäsheit der Sitte anderer Länder, uns entschlossen haben, in unsern Landen freie Städte zu errichten. Wir dahero zur Ehre unserer Zeitgenossen und zu ehrsamen Achtung von Seiten der Nachkommen kund, daß wir sowohl aus eigenem freien Entschluß, als mit weisem Rath unsers Adels, uns entschlossen haben, in Prenzlau eine freie Stadt anzulegen. Wir haben zum Aufbau dieses Orts und zum Wol und Nutzen derjenigen, die in der schon genannten Stadt wonhaft geblieben sind, selbigen dreihundert Hufen beygeleget, zweihundert auf der einen Seite des Wassers, so Uker genannt wird, nemlich auf der, wo die Stadt gebauet werden wird, und einhundert auf der Seite jenseits der Uker, imgleichen das zu Errichtung der nötigen Mühlen erforderliche Wasser. Die Anlegung und Förderung der Stadt haben wir den weisen und ehrsamen Männern, dem Walter, der darin das Regiment füren soll, dem Jordan und seinem Bruder, dem Willikin mit dem Esych, dem Heinrich mit dem Helyas und dem Paul von Stendal, als denen wir diesen Ort verliehen haben, nicht genommen werden. Nach Verlauf von drei Jahren aber soll jeder tragbaren Hufe ein halber Ferten entrichtet werden. Den vorgenannten acht Männern aber, die die zu erbauende Stadt aus unsern Händen zu Lehn genommen haben, haben wir achtzig Hufen verliehen. Wenn indessen die Mühlen erbauet seyn werden, soll von den Mühlen=Einkünften der Landesherr zwei Drittel, und ein Drittel diejenigen erhalten, die die Kosten zu deren Erbauung hergeschossen haben werden. Von allem demjenigen was von liegenden Gründen und andern Einkünften gezahlet wird, soll der Landesherr zwei Theile und die genannten acht Männer einen Theil erhalten. Die Stadt soll aber eben die Freiheit haben, die die Stadt Magdeburg hat, und eben das Recht, ausgenommen das was die Rerade genannt wird, als welches wir bey uns abgeschaffet haben wollen. Auch sollen die Kaufleute, die aus Prenzlau sind, unser ganzes Land durch keine Zölle erlegen. Zur Besthaltung dieser unsrer Verordnung und Freiheitsbriefes sowol für iezt als die Zukunft, haben wir solche mit unserer Unterschrift und angehängtem Insiegel befestigt. Zeugen dessen aber sind: der Colbergsche Präpost Paulus, dessen Bruder Bartholomäus, Kanonikus daselbst, Rudolph Priester in Stettin, Stephan Truchses, Riebold Mundschenk, Zulizlaus, Jarozlaus, Salimar, Andreas, Mozkot, der zweite Andreas, der zweite Zulizlaus, Simon ein Adelicher in Stettin, als welche alle bei dieser unserer Anordnung und besagten Freiheitsbeurkundung zugegen waren. So geschehen bei Stettin. Im Jahr unsers Herrn Jesu 1235 am 6ten Januar."



F. Ziegler - "Prenzlau, die ehemalige Hauptstadt der Uckermark.", Prenzlau 1886, Seite 23ff.

Originalschrift:
Barnim, dei pacientia dux Sclavorum, uniuersis, ad quos peruenerit presens scriptum sic transire per bona temporalia, ut non amittant eterna. Quum quidem omnia, que agimus per studium considerationis prevenire debemus, quemadmodum spiritalis docmatis apice per virorum reuelationem sumus instructi litteratorum, qui velamine littere ablato nos edocuere plerumque euidentibus argumentis, attendentes igitur illud docma prefatum, id quod fecimus et ordinauimus, scriptis et munimentis aliis bonum duximus eternare ne a nostra nostrorumue successorum memoria queat labi. Siquidem nostris volentes utilitatibus et commodis prouidere nos nichilominus aliarum prouinciarum consuetudinibus conformantes, in terra nostra ciuitates liberas decreuicmus instaurare. Significatum itaque sit presentium honestati, necnon reuerende discretioni futurorum, quod nos tam de proprio voluntatis arbitrio, quam de nostrorum nobilium prudenti consilio decreuimus in Prencelaw civitatem liberam instituere, ad cuius loci edificationem et cetera comoda et utilitates ipsorum, qui in jam dicta manserit ciuitate, trescentos mansos adjecimus ducentos ex una parta aque ukera vocatur, in illa videlicet, in qua ciuitas edificabitur et in alia trans ukeram centum mansos, et aquam ad molendinorum, quibus carere non poterunt, exstructionem. Cuius ciuitatis promotionem viris prouidis et discretis waltero, qui in ea prefectus erit, jordano et fratri suo, willikino cum esyko, henrico cum helya et paulo de Stendal, qui a nobis hunc locum receperunt, commisimus in hunc modum. A festo beati Martini per tres annos de mansis, quos civitati adiecimus nichil recipietur; peracto autem trium annorum spacio, de quonis manso ferto dimidius solui debet. Prefatis autem octo, qui ciuitatem edificandam de manu nostra susceperunt in feodo, octoginta mansos contulimus. Si vero molendina edificata fuerint, duas partes molendinorum reddituum dominus terre recipiet et tertiam partem, qui expensas dederint ad extruendum. Quidquid soluendum est de areis et de aliis emolumentis, dominus duas partes et memorati octo viri terciam assument. Ciuitas autem hec eadem debet frui libertate, quam habet ciuitas magdeburgensis, et eodem jure, excepto eo, quod Rade appellatur, quod aput nos decreuimus abolendum. Mercatores etiam, qui de ciuitate Prenzlaw sunt, per totam terram nostram thelonea non soluent. Cupientes autem hanc nostram ordinationem et libertatis collationem nunc et in posterum firmiter observari, litteris nostris cum sigilli muniuimus appensione. Testes autem sunt: Prepositus Colbergensis Paulus, Bartolomeus frater ejus ejusdem loci canonicus, Rodolfus sacerdos in Stetin, Priznoborus vir nobilis in Stetin, Stephanus dapifer, Rimboldus pincerna, Zulizlaus, Jarozlaus, Salimarus, Andreas, Mozkot, alius Andreas, alter Zulizlaus, Symon nobilis Stetinensis, qui omnes nostre intererant ordinationi et libertatis ut diximus collationi. Actum apud Stetin, anno dominice incarnationis M° C.C.° XXX° quinto, Sexto kal. januarii.

Übersetzung:
Barnim von Gottes Gnaden Herzog der Slaven. Kund sei Allen, an welche dieses gelangt. Es ist geschrieben, daß man so durch die zeitigen hindurch gehen soll, daß die ewigen nicht verlieren. Da wir Alles, was wir thun, durch den Eifer der Ueberlegung durchführen müssen, - wie wir nach den Grundsätzen der heiligen Schrift, durch die Belehrung unterrichteter Männern unterwiesen sind, welche uns oftmals mit Wegräumung der Unklarheit der Schrift dieses mit deutlichen Gründen gelehrt haben, - so haben wir in Erwägung jenes Grundsatzes für gut gefunden, dasjenige, was wir gethan und befohlen haben, durch Schriften und durch andere Denkmale zu verewigen, damit es nicht unserem Gedächtnisse und dem unserer Nachkommen entfalle. Indem wir auf unseren Nutzen und Vortheil bedacht sein wollen, und indem wir nicht weniger den Gewohnheiten anderer Provinzen folgen, haben wir beschlossen, in unserem Lande freie Städte einzurichten. Es sei daher zur respecktvollen Befolgung der Gegenwärtigen, und zur ehrfurchtsvollen Beachtung der Nachkommen kundgegeben, daß wir, sowohl aus dem eigenem Entschluß des Willens, als auch nach dem weisem Rath unserer Edlen beschlossen haben, in Prenzlau eine freie Stadt einzurichten. Wir haben zum Aufbau dieses Orts und zum Wohle wie zum Nutzen Derjenigen, welche in dem schon genannten Orte geblieben sind, dem Orte 300 Hufen beigelegt, 200 auf der einen Seite des Wassers, welches Ucker genannt wird, nämlich auf der Seite, auf welcher die Stadt gebaut wird, und auf der anderen jenseits der Ucker 100 Hufen, sowie auch das Wasser zur Errichtung der Mühlen, welcher sie nicht entbehren können. Die Förderung dieser Stadt haben wir den weisen und ehrbaren Männern: dem Walter, welcher in derselben der Vorsteher sein wird, dem Jordan und seinem Bruder, dem Willikin mit dem Esyk, dem Heinrich mit dem Helya und dem Paul von Stendal, welche diesen Ort von uns erhalten haben, in folgender Art übertragen: Ws soll 3 Jahre hindurch von dem Martinsfeste ab von den Hufen,welche wir der Stadt beigelegt haben, nichts erhoben werden; wenn aber der Zeitraum der 3 Jahre verflossen ist, soll von jeder ertragsfähigen Hufe ein halber Ferto entrichtet werden. Den vorgenannten acht Männern, welche die zu erbauende Stadt aus unserer Hand als Lehen empfangen haben, übergeben wir 80 Hufen. Wenn aber die Mühlen erbaut sein werden, soll 2 Theile der Mühlenerträge der Landesherr empfangen den dritten Theil aber Diejenigen, welche die Ausgaben für den Bau gemacht haben. Der Landesherr soll ferner 2 Theile von Demjenigen, was von liegenden Gütern und von anderen Einkünften gezahlt wird, erhalten, die genannten acht Männer aber den dritten Theil. Diese Stadt soll auch dieselbe Freiheit genießen, welche die Stadt Magdeburg hat und eben dasselbe Recht, ausgenommen dasjenige, welches Rade genannt wird, welches bei uns abzuschaffen wir beschlossen haben. Die Kaufleute, welche aus der Stadt Prenzlau sind, bezahlen in unserem ganzes Lande keine Zölle. Zudem wir wünschen, daß diese unsere Verordnung und dieser Freiheitsbrief jetzt und in Zukunft fest beachtet werde, haben wir ihn mit unserer Unterschrift und mit angehängtem Siegel bestätigt. Zeugen sind: Paulus, Präpositus aus Colberg, Bartholomäus, der Bruder desselben, Canonikus daselbst, Rodolfus, Priznoborus, Edler aus Stettin, Stephan, Truchseß, Rimboldus, Mundschenk, Zulizlaus, Jarozlaus, Salimarus, Andreas, Mozkot, Andreas der Zweite, Zulizlaus, der Andere, Symon, Edler aus Stettin, welche Alle bei dieser Verordnung und bei diesem Briefe der Freiheit, wie wir sie angeführt haben, zugegen waren. So geschehen bei Stettin im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1235 am sechsten Tage vor den Kalenden des Januar.



Dr. E. Schwartz über die Gründungsurkunde der Stadt Prenzlau in "Geschichte der Uckermärkischen Hauptstadt Prenzlau"; Prenzlau / Bad Pyrmont 1973, Seiten 114-125

Übersetzung:
Barnim, nach Gottes Duldung Herzog der Slawen, wünscht allen, zu denen dieses Schriftstück gelangt, einen solchen Wandel durch die zeitlichen Güter, daß sie darüber die ewigen nicht verlieren. Da wir alles, was wir tun, reiflich im voraus überlegen müssen, wie wir in höchster geistiger Weisheit unterrichtet sind durch die Offenbahrung gelehrter Männer, die uns unter Entfernung des über den Buchstaben liegenden Schleiers mit einleuchtenden Beweisgründen belehrten, haben wir es für gut gehalten, unter Beachtung jenes vorbezeichneten Grundsatzes das, was wir getan und bestimmt haben, durch Schrift und andere Beweismittel zu verewigen, damit es nicht aus unserem oder unserer Nachfolger Gedächtnis entfallen kann. So haben wir denn in der Absicht, unseren Nutzen und Vorteil zu befördern, und nicht weniger um uns den Gewohnheiten anderer Länder anzupassen, beschlossen, in unserem Lande freie Städte zu errichten. Kund sei deshalb den ehrenhaften Zeitgenossen wie der verehrungswürdigen Klugheit der Nachkommen, daß wir sowohl aus dem Ermessen eigenen Willens, wie auch auf den weisen Rat unserer Edlen beschlossen haben, in Prenzlau eine freie Stadt einzurichten. Zum Aufbau des Ortes und zum Nutzen und Frommen seiner künftigen Einwohner haben wir dazu dreihundert Hufen gelegt, nämlich zweihundert auf der einen Seite des Uckerflusses, auf der die Stadt erbaut werden wird, und auf der anderen Seite jenseits der Ucker hundert Hufen, ferner das Wasser zur Erbauung der unendbehrlichen Mühlen.
Die Geschäfte des Aufbaushaben wir erfahrenen und klugen Männern übertragen, dem Walter, der Schultheiß sein wird, dem Jordan und seinem Bruder, Willikin mit Esiko, Heinrich mit Elias und dem Paul (wohl alle) von Stendal, die diesen Ort von uns empfangen haben, unter folgenden Bedingungen: Vom Feste des heiligen Martin an soll drei Jahre hindurch von den Hufen, die wir der Stadt zugelegt haben, nichts erhoben werden; nach Ablauf dieser drei Jahre aber hat jeder Hufe ½ Ferto zu bezahlen. Den genannten acht Männern, die aus unserer Hand den Auftrag zur Erbauung der Stadt erhalten haben, geben wir achtzig Hufen zu Lehen. Wenn aber die Mühlen erbaut sein werden, sollen zwei Drittel der Mühleneinkünfte der Landesherr erheben und ein Drittel die, welche die Baukosten vorgestreckt haben.
Die Abgaben von den Hausstellen und von anderen nutzbaren Einrichtungen erhalten von zwei Dritteln der Landesherr und zu einem Drittel die genannten 8 Männer. Diese Stadt genießt dieselbe Freiheit wie die Stadt Magdeburg, und dasselbe Recht, mit Ausnahme, der Rade, die wir abgeschafft wissen wollen. Die Kaufleute, die aus der Stadt Prenzlau sind, sollen durch unser ganzes Land Zölle nicht bezahlen. In dem Wunsche, daß dieser unser Befehl und Freibrief jetzt und in Zukunft unverbrüchlich beobachtet werde, haben wir diese Urkunde mit anghängtem Siegel bekräftigt. Zeugen aber sind: der Propst von Kolberg Paulus, Bartolomäus und sein Bruder, daselbst Kanonikus, Rudolf, Priester in Stettin, Priznoborus, ein Edelmann in Stettin, Stephan der Truchseß, Reinbold der Mundschenk, Zulizlaus, Jarozlaus, Dalimar, Andreas Mozkot, der andere Andreas, der andere Zulizlaus, Simon, ein Edelmann aus Stettin, die alle bei Erlaß unseres Befehls und Freibriefs zugegen waren.
Geschehen bei Stettin, im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1235, am 6. Tage vor den Kalenden des Januar.



Gerhard Kegel - "Die Gründungsurkunde aus dem Jahre 1234" in "1234-1984 Prenzlau Hauptstadt der Uckermark"; Herausgeber: Heimatkreis Prenzlau, Selbstverlag 1984

Originalschrift:
Barnim, dei pacientia Dux Sclavorum, universis, ad quos pervenerit presens scriptum sic per bona temporalia, ut non amittant eterna. Quum quidem omnia, que agimus per studium considerationis prevenire debemus, quemadmodum spiritalis docmatis apice per virorum revelationem sumus instructi litteratorum, qui velamine littere ablato nos edocuere plerumque evidentibus argumentis, attendentes igitur illud docma prefatum id, quod fecimus et ordinavimus, scriptis et munimentis aliis bonum duximus eternare, ne a nostra nostrorumve successorum memoria queat labi. Siquidem nostris volentes utilitatibus et commodis providere nos nichilominus aliarum provinciarum consuetudinibus conformantes in terra nostra civitates liberas decrevicmus instaurare. Significatum itaque sit presentium honestati necnon reverende discretioni futurorum, quod nos tam de proprie voluntatis a(r)britrio quam de nostrorum nobilium prudenti consilio decrevimus in Prencelaw civitatem liberam instituere, ad cuius loci edificationem et cetera comoda et utilitates ipsorum, qui in iam dicta manserit civitate, trescentos mansos adiecimus, ducentos ex una parta aque Vkera vocatur, in illa videlicet, in qua civitas edificabitur, et in alia trans Vkeram centum mansos et aquam ad molendinorum, quibus carere non poterunt, exstructionem. Cuius civitatis promotionem viris providis et discretis Waltero, qui in ea Prefectus erit, Jordano et fratri suo, Willikino cum Esyko, Henrico cum Helya et Paulo de Stendal, qui a nobis hunc locum receperunt, commisimus in hunc modum: A festo beati Martini per tres annos de mansis, quos civitati adiecimus nichil recipietur; peracto autem trium annorum spacio de quovis manso ferto dimidius solci debet. Prefatis autem octo, qui civitatem edificandam de manu nostra susceperunt in feodo, octoginta mansos contulimus. Si vero molendina edificata fuerint, duas partes molendinorum reddituum dominus terre recipiet et terciam partem, qui expensas dederint ad extruendum. Quidquid solvendum est de areis et de aliis emolumentis, dominus duas partes et memorati octo viri terciam assument. Civitas autem hec eadem debet frui libertate, quam habet civitas Magdeburgensis, et eodem iure, excepto eo, quod Rade appellatur, quod aput nos decrevimus abolendum. Mercatores etiam, qui de civitate Prenzlaw sunt, per totam terram nostram thelonea non solvent. Cupientes autem hanc nostram ordinationem et libertatis collationem nunc et in posterum firmiter observari, litteris nostris cum sigilli munivimus appensione. Testes autem sunt: prepositus Colbergensis Paulus, Bartolomeus frater eius eiusdem loci canonicus, Rodolfus sacerdos in Stetin, Priznoborus vir nobilis in Stetin, Stephanus dapifer, Rimboldus pincerna, Zulizlaus, Jarozlaus, Dalimarus, Andreas, Mozkot, alius Andreas, alter Zulizlaus, Symon nobilis Stetiniensis, qui omnes nostre intererant ordinationi et libertatis, ut diximus, collationi. Actum apud Stetin, anno dominice incarnationis m. cc. x.xx quinto, Sexto kal. Januarii.

Übersetzung:
Barnim, durch die Geduld Gottes Herzog der Slawen, wünscht allen, zu denen dieses Schriftstück gelangt, sie möchten so durch die zeitlichen Güter hindurchgehen, dass sie die ewige nicht verlieren. Da wir alles, was wir tun, mit umsichtigem Eifer betreiben wollen - so wie wir in der Erhabenheit der christlichen Lehre durch die Erleuchtung gebildeter Männer unterrichtet sind, die den Schleier von den Worten wegnahmen und uns oft mit einsichtigen Argumenten belehrten - so haben wir in Erwägung dieses Grundsatzes für gut befunden, das, was wir getan und angeordnet haben, durch Schriftstücke und andere Zeugnisse zu verewigen, damit es nicht unserem und unserer Nachfolger Gedächtnis entfalle. In der Absicht also, für unseren Nutzen und unseren Vorteil zu sorgen und uns zugleich den Gewohnheiten anderer Länder anzupassen, haben wir beschlossen, in unserem Herrschaftsbereich freie Städte zu gründen. Es sei also zur Ehre der Zeitgenossen und zur ehrfurchtsvollen Beachtung durch die Nachkommen kundgetan, dass wir sowohl aus eigenem Willensentscheid als auch nach dem klugen Rat unserer Edlen beschlossen haben, in Prenzlau eine freie Stadt einzurichten; zum Aufbau dieses Ortes und zum Wohle und Nutzen derjenigen, die in der genannten Stadt geblieben sind, haben wir ihr 300 Hufen hinzugefügt, und zwar 200 auf der einen Seite des Gewässers, das Ucker genannt wird, nämlich auf der Seite, auf der die Stadt erbaut werden wird, und 100 Hufen auf der anderen Seite jenseits der Ucker, sowie das Wasser zum Bau von Mühlen, ohne die sie nicht auskommen können.
Die Förderung dieser Stadt haben wir weisen und umsichtigen Männern - dem Walter, welcher in derselben der Schultheiß sein wird, dem Jordan und seinem Bruder, dem Willikin mit dem Esyk, dem Heinrich mit dem Elias und dem Paul aus Stendal - , die von uns diesen Ort erhalten haben, in folgender Weise übertragen: Vom St. Martinsfest (11.Nov.) an wird 3 Jahre lang von den Hufen, die wir der Stadt beigefügt haben, nichts abverlangt; nach Ablauf dieser dreijährigen Frist aber muß von jeder Hufe ½ Vierdung (=1/8 Pfund Silber) bezahlt werden. Den vorgenannten 8 Männern aber, welche die zu erbauende Stadt aus unserer Hand zu Lehen empfangen haben, übergeben wir 80 Hufen. Wenn aber die Mühlen erbaut sein werden, werden zwei Drittel der Mühleneinkünfte der Landesherr erhalten und ein Drittel diejenigen, welche die Kosten für den Aufbau getragen haben.
Von dem, was von den Hausgrundstücken und von anderen Einkünften zu zahlen ist, werden sich der Landesherr zwei Drittel, die genannten 8 Männer ein Drittel nehmen. Diese Stadt aber soll sich derselben Freiheit erfreuen, welche die Stadt Magdeburg hat, und desselben Rechts, das Recht ausgenommen, das "Rade" genannt wird, welches wir bei uns abzuschaffen beschlossen haben. Ferner sollen die Kaufleute, die aus der Stadt Prenzlau stammen, in unserem ganzen Lande keinen Zoll zahlen. Indem wir aber wünschen, dass diese unsere Verordnung und Freiheitsübertragung jetzt und in Zukunft genau beachtet werde, haben wir unsere Urkunde durch Anbringung eines Siegels bestätigt. Zeugen aber sind: Propst Paul von Kolberg, sein Bruder Bartolomäus, Kanoniker an demselben Ort, Rudolf, Priester in Stettin, Prisnobor, Edelmann in Stettin, der Truchseß Stephan, der Mundschenk Rimbold, Solislaw, Jaroslaw, Dalimar, Andreas, Mozkot, der andere Andreas, der andere Solislaw, Simon, ein Edler in Stettin; sie alle waren - wie gesagt - bei unserer Verordnung und Freiheitsübertragung zugegen.
Geschehen bei Stettin, im Jahre der Fleischwerdung des Herrn MCCXXXV (1235), am 6. Tag vor den Kalenden des Januar.


Betrachtung der Varianten des Datums:

Urkunde
M•CC•X•XX quinto. Sexto kal. Januarii.

Ch. W. Grundmann
M CC XXX.quinto,sexto Kal. Januarij.

F. Ziegler
M° C.C.° XXX° quinto, Sexto kal. januarii.

G. Kegel
m. cc. x.xx quinto, Sexto kal. Januarii.


Anmerkung:
Bei der Betrachtung der Übersetzungen fällt auf, daß Begriffe gebraucht wurden, die es im Sprachgebrauch des 13. Jh. nicht gab!


Quellen:
• Dipl. von 1252 bei Dreger, I, 335
• "Versuch einer Geschichte der uckermärkischen Hauptstadt Prenzlau", Johann Samuel Seckt, gedruckt bei Christian Gottfried Ragoczy, Prenzlau 1785 und 1787
• "Stadtgeschichte und Daten über Prenzlau", 1985-1989 (maschinenschriftlich)
• Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, 4 H BOR UN I, 4612:1
• "Prenzlau, die ehemalige Hauptstadt der Uckermark.", F. Ziegler, Prenzlau 1886
• "Geschichte der Uckermärkischen Hauptstadt Prenzlau"; Dr. E. Schwartz, Prenzlau / Bad Pyrmont 1973
• "Die Gründungsurkunde aus dem Jahre 1234" in "1234-1984 Prenzlau Hauptstadt der Uckermark"; Gerhard Kegel, Herausgeber: Heimatkreis Prenzlau, Selbstverlag 1984