Templiner Krug

Am Ende des Neustädter Dammes, der heutigen Ernst-Thälmann-Straße, auf der Südseite und hart am Höftgraben, stand seit alter Zeit der Templiner Krug, der infolge seiner isolierten Lage gleich am Anfang des 30 jährigen Krieges zerstört wurde. Am 27. Juli 1663 ließ Gürgen Hans von Krumbeck aus Mecklenburg den „Templinischen Krug auf dem Damm“ neu errichten. Bald brannte er jedoch wieder ab und wurde 1680 von dem Hutmacher Berend Kroppenberg nochmals aufgebaut, um „den Bierschank und andere gelässige Nahrung darin zu betreiben“. Hierzu lieferte die Stadt kostenlos aus der Stadtheide das Bauholz, verpflichtete den Krugbesitzer zur Unterhaltung des Dammes vor dem Hause und der Ufer des Höftgrabens und ließ ihn auf 6 Jahre als „Neuer und Junger Bürger“ lasten- und steuerfrei. Die Zappenpacht entrichtete der Bierherr (Brauer).

Am 27. Dezember 1725 sah sich das Kriminalgericht zu Berlin veranlaßt, an den Magistrat zu schreiben, daß er auf diesen Ausschank ein besonderes Augenmerk haben möge, in ihm halte sich häufig der „Ertz Spitzbube“ Abraham Hoffmann mit seinem „Weibesstück“ auf, es gehe im Krug nicht ehrlich zu, und er sei überhaupt eine Spitzbubenherberge.

1736 erschienen als Pächter der Schwiegersohn des Kroppenberg, der Huf- und Waffenschmied Christian Kantzow, und als Besitzer der Loßbäckermeister Johann Friedrich Kroppenberg. Zu dem Krug gehörten damals 4,5 Morgen Acker am Mühlenstrom, jedoch nicht der Grund und Boden, auf dem die Gebäude standen, woraus sich bis ins 19. Jahrhundert hinein viele komplizierte Rechtssituationen ergaben.

Dem Krug, der die Alleinkonzession dieser Gegend besaß, erwuchsen in den folgenden Jahren durch den Wagemeister Erdmann der Draußenmühle und einem gewissen Schmidt auf dem Damm, auf dem zu dieser Zeit die ersten Wohnhäuser errichtet wurden, recht unangenehme Konkurrenten. Eine 1748 in der Draußenmühle vorgenommene Haussuchung und Beschlagnahmung bestätigte den dortigen unerlaubten Ausschank von Bier und Schnaps, und Erdmann entschuldigte sich damit, daß das Bier im Templiner Krug sehr schlecht sei und über den Taxpreis verkauft würde. Abends bekäme man auf dem Krug zwar die „Leichtfertigsten“ Werte, jedoch kein Bier, obwohl man Licht und Laterne mitschicke.

1760 war Besitzerin der Wirtschaft die Witwe Kantzow und der Pächter Wilcke. Weiterhin wurden den jetzigen Wagemeister Rohleder und eine Soldatenfrau Gottschalck Alkoholverkäufe vorgenommen, deren Umsätze wegen der unordentlichen Geschäftsführung der Erben Kantzows erheblich in die Höhe gingen. Eine Beschwerde des späteren Krugwirts Mancke beim Magistrat erreichte 1763, daß der Torschreiber am Berliner Tor (Mühlmannstift) kein Bier mehr für die Konkurrenten Manckes aus der Stadt lassen durfte, welch städtische Anordnung der gewiß auch damals schon sehr durstige Torhüter bei der Allgemein bekannten Trinkfreudigkeit der Prenzlauer wenig oder gar nicht beachtete, denn die Stadtverwaltung sah sich gezwungen, den hiesigen Regimentskommandeur, den General von Wunsch, wegen des Ausschankverbotes gegen den Grenadier Gottschalk in Anspruch zu nehmen. Auf Betreiben dieses erhielt dann Gottschalck auf Grund einer königlichen Ordre vom 20. Dezember 1769 die langersehnte Konzession.

Ein von der Regierung verworfener Einspruch des Mancke gegen diese Verfügung berichtet, daß 1770 auf dem Neustädter Damm 17 Familien wohnten.

Seit 1784 war der Krugbesitzer Ernst Gottlieb Stempelmann, der Beschwerde führte, daß der an Markttagen Musik haltende und eine Kegelbahn besitzende Gottschalck des Nachts alle geldlosen Bettelleute zum Herbergieren in seinen Krug schicke.

Der dann folgende Krugwirt Christian Paasche erwirkte 1798 endlich die Lokalschließung des inzwischen verstorbenen Gottschalck, als deren Folge durch Einmischung des neuen Regimentskommandeurs ein ungeheurer Papierkrieg zwischen Berlin und dem Magistrat entstand, den der König 1801 durch persönliche Anordnung damit beendete, daß alles beim Alten bleiben solle, wie es 1770 vereinbart war.

Es folgte nun ein häufiger Besitzwechsel. 1807 war Krüger Gottfried Zahnow, 1811 folgte Frau Neumann, verwitwete Lubach, 1833 dann Michael Neumann, und 1836 erzwang durch Kammergerichtsurteil vom 1. Juli 1836 (gegen den Magistrat) Frau Christine Neumann geb. Hamann die Löschung der jährlichen Abgabe auf Grund der Einführung der allgemeinen Gewerbesteuer. Bis 1839 war Eigentümer der Mühlenbesitzer Barsch-Hippe von der Draußenmühle, der am 4. Juli 1839 den Krug an den Amtmann Mäker weiterverkaufte, von dem ihn dann am 26. März 1842 der Amtmann Ebhardt vom Sabinenklostergut übernahm. Weitere Nachfolger wurden am 7. Juni 1844 der Stellmacher Thieß, 1848 dessen Frau geb. Kreienbring und Tochter als Erben, und bald darauf der Gastwirt John als zweiter Ehemann der verwitweten Thieß. John ertrank am 2. Juni 1880 infolge von Krämpfen im Höftgraben.

Erstmalig tauchten jetzt Verhandlungen zwischen der Stadt und Frau John auf, um durch Ankauf den Abriß des Kruges und somit die Verbreiterung der Straße herbeiführen zu können. Die Verhandlungen zerschlugen sich jedoch. Am 13. Mai 1881 wurde neuer Besitzer der Stellmacher Hermann Mierke, gegen den es am 20. September 1887 zur Zwangsversteigerung kam, in der für 8.000 Mark Rechtsanwalt Dietrich Meistbietender blieb. Am 3. Februar 1888 trat dieser die Gaststätte weiter an den Händler Mierke ab, worauf am 1. April 1894 der Rentier Wehberg, dann durch Erbrezeß vom 5. Juli 1895 dessen Witwe Klara geb. Wetzel Eigentümer wurden.

Durch den Magistrat am 30. Mai 1897 veranlaßt, zog in den folgenden Jahren als „Strohmann“ der Amtmann Rose vertrauliche Erkundigungen wegen eventuellen Verkaufs des Kruges bei der nunmehrigen Witwe Zühlsdorf geb. Wetzel ein. Jedoch wollte die Stadt die geforderten 18.000 Mark nicht zahlen. 1905 trat nun der inzwischen mit der Witwe Zühlsdorf verheiratete Gastwirt Gustav Reuther an die Stadt zwecks Austausch des Kruges mit den still liegenden Schulgrundstücken Nr. 40 und 40a heran. Die Verhandlungen wurde wiederum abgebrochen. Die Stadt, die im Stillen hoffte, durch einen laufenden Versteigerungsantrag billig in den Besitz des Verkehrshindernisses zu kommen, mußte diese Hoffnung bald aufgeben, da der Antrag noch vor dem auf den 8. April 1908 angesetzten Termin zurückgezogen wurde.

Mit allen Mitteln hatte inzwischen der Magistrat versucht, den Abriß herbeizuführen, wozu gemeinsame Gutachten des Polizeikommissars Rüterbusch und Zimmermeister Koosch dienen sollten, die jedoch durch anders aussagende Gutachten des Kreisarztes Dr. Schneider nicht zur Schließung des Ausschankes ausreichten. Trotzdem war am 1. Februar 1907 eine polizeiliche Schließung der Gasträume und Räumung der Wohnungen angeordnet worden, die aber nach Einreichung der Klage durch den Entscheid des Bezirksausschusses vom 22. Oktober 1907 durch die Polizei wieder aufgehoben werden mußte und die außerdem die Verfahrenskosten in Höhe von 1.000 Mark zu tragen hatte. Da sowohl Polizeibehörde als auch Stadtverwaltung kein reines Gewissen hatten, beruhigten sie sich bei dieser Entscheidung, denn die 1908 einlaufenden Kontrollberichte seitens der Polizei und des Zimmermeisters lauteten jetzt entgegengesetzt von den früheren und die Maßnahmen gegen den
"Templiner Krug" schliefen nun für längere Zeit ein.

Am 10. Oktober 1929 setzte sich die Stadt mit dem Gastwirt Georg Acksel zwecks Ankauf in Verbindung. Da der Stadt aber jetzt viel an der Erhaltung von Wohnraum gelegen war, wurde noch kein Abschluß getätigt. Erst Ende 1932 kam es dann endlich zu einer friedlichen Lösung und zum Austausch mit dem Grundstück Nr. 40/40a, worauf 1932/33 der Abbruch des alten Kruges erfolgte. Das neue Krugsgebäude übernahm den Nahmen „Templiner Krug“ und eingetragene Eigentümerin wurde Frau Klara Reuther.

ehem. Neustädter-Damm-Schule, ab 1933 "Templiner Krug", Neustädter Damm 40/40a
Aufnahme 1956

Auf der alten Krugstelle entstand im Juni 1934 die Tankstelle von Karl Schwarz und eine über 350 Jahre alte Konzession auf demselben Grundstück erlosch.


Quellen:
• "Die Prenzlauer Straßen und ihre Geschichte", Alfred Hinrichs, maschinenschriftliche Aufzeichnungen, 1954