Landwehrordnung

Landwehrordnung vom 21. November 1815

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc.
Als der nun zum zweitenmale ehrenvoll beendete Krieg ein zahlreiches Heer zur Erkämpfung der Selbstständigkeit des Vaterlandes forderte, da bildete sich die Landwehr. Der Eifer mit dem sie in den Provinzen Unsers Reichs errichtet ward, die Ausdauer mit der sie in den Reihen der übrigen Krieger kämpfte, geben ihr gerechte Ansprüche auf Unsern Dank. Die Geschichte wird der Nachwelt diese Treue, diesen Muth als ein glänzendes Vorbild aufzeichnen. Doch nicht blos das Bewußtseyn treuer Pflichterfüllung sollte der Lohn einer so edlen Hingebung seyn; durch die Errichtung der Landwehr zeigte es sich bald, daß sie auch fähig sey, fortdauernd zur Vertheidigung des Vaterlandes beizutragen, da es durch ihre Beibehaltung möglich wird, die Kosten, welche sonst die Erhaltung der bewaffneten Macht forderte, zu vermindern und den einzelnen Krieger früher, als es sonst möglich war, seiner Heimath und seinem Gewerbe zurückzugeben. Diese großen Vortheile bestimmen die Erhaltung der Landwehr im Frieden. An den mäßigen Umgang des stehenden Heeres schließt sich künftig die Landwehr, zwar immer zur Vertheidigung des Vaterlandes bereit, doch nur dann versammelt, wenn ein feindlicher Anfall oder die eigene Bildung es notwendig macht. Zu diesem Zweck und zur vollständigen Ausführung der im Gesetz vom 3ten September 1814. für die Landwehr gegebenen Vorschriften, bestimmen Wir über ihre künftige Erhaltung Folgendes:

§. 1.

Die Landwehr bildet einen Theil der bewaffneten Macht, sie tritt indeß nur bei ausbrechendem Kriege und bei den jährlichen Uebungen zusammen. Mit Ausnahme des Staabes bei jedem Bataillon, sind sämmtliche Mitglieder im Frieden in ihre Heimath und zu ihren Gewerben entlassen.

§. 2.

Um die Uebungen sowohl, als die innern Einrichtungen der Landwehr möglichst zu erleichtern, bekommt ein jedes Regiment in dem ihm angewiesenen Regierungs-Departement nach Maaßgabe der Bevölkerung einen zusammenhängenden Bezirk angewiesen, aus dem dasselbe fortdauern ergänzt wird. Die kommandirenden Generale in den Provinzen haben dem gemäß in Vereinigung mit den Ober-Präsidenten und Regierungen für die unter ihrem Befehle tretenden Landwehr-Regimenter die nöthigen Bezirke auszumitteln.

§. 3.

Der Ergänzungsbezirk eines Regiments wird demnächst eben so in Unterbezirke für die Bataillone und Kompagnien getheilt.

§. 4.

Zu diesen Abtheilungen werden soviel als möglich ganze Kreise genommen, damit nicht einzelne Kompagnien mit mehr als einer Kreisbehörde zu thun haben.

§. 5.

Die Kavallerie-Schwadronen bekommen keine abgesonderten Ergänzungsbezirke, sondern in dem Ergänzungsbezirk eines Bataillons wird auch zugleich eine Kavallerie-Schwadron mit eingetheilt.

§. 6.

Die Bezirke für das 2te Aufgebot sind mit denen für das 1ste ganz gleich, so daß z. B. immer eine Kompagnie des 1sten und 2ten Aufgebots einen und denselben Ergänzungsbezirk hat.

§. 7.

Die Vorschläge zu diesen Ergänzungsbezirken und ihrer Eintheilung werden von den kommandirenden Generalen an das Kriegsministerium eingesandt, und wenn die sämmtlichen Vorschläge geordnet sind, von dem gesammten Staatsministerio zu Unserer Bestätigung vorgelegt.

§. 8.

Möglichst in der Mitte des Ergänzungsbezirks eines jeden Bataillons wird der Staab, das Zeughaus und die Montirungskammer für dasselbe angelegt.

§. 9.

Wenn nicht besondere Verhältnisse eine augenblickliche Ausnahme nothwendig machen, so werden die Bataillone bei ihrem jetzt eintretenden Rückmarsch gleich nach den obigen Bataillonsquartieren verlegt.

§. 10.

Ein Landwehr-Regiment soll künftig bestehen aus:
2 Bataillonen des 1sten Aufgebots,
2 Bataillonen des 2ten Aufgebots,
2 Kavallerie-Schwadronen des 1sten Aufgebots, und
2 Kavallerie-Schwadronen des 2ten Aufgebots.

§. 11.

Da gegenwärtig aber die Landwehr-Regimenter aus 3 Feldbataillonen bestehen, so sollen, um die obige Formation auszuführen, bei jedem Regimente nur künftig 2 Bataillone für das 1ste Aufgebot bleiben und die dadurch überzählig werdenden Leute, nebst den bei der Reserve befindlichen, zur Bildung des 2ten Aufgebots mit benutzt werden.

§. 12.

Dem gemäß bestimmen die Regimentskommandeure die beiden Bataillone, welche künftig das 2ste Aufgebot bilden sollen; das 3te zum Eingehen bestimmte Bataillon, so wie das Reservebataillon wird unter die beiden Bataillone des 1sten Aufgebots so vertheilt, daß jedes derselben vorläufig aus 8 Kompagnien oder dem halben Regimente besteht.

§. 13.

Aus jeder Hälfte des Regiments wird sodann durch Austausch der nach dem Gesetz vom 3ten September 1814. dazu gehörigen Leute ein Bataillon des 1sten Aufgebots von 4 Kompagnien formirt. Die übrig bleibenden bilden den Stamm des 2ten Aufgebots.

§. 14.

Die §. 12. vorgeschriebene Theilung des Regiments und Reservebataillons wird sogleich nach Ankunft in der Provinz ausgeführt. Wann aber der Austausch der Leute zum 1sten und 2ten Aufgebot statt finden soll; dies wird in jeder Provinz noch besonders bestimmt werden. Die Regimenter haben indeß sogleich die vorgeschriebene Formation auf dem Papiere noch vor Entlassung der Leute anzuordnen und die summarischen Berichte darüber aufs schleunigste an ihre kommandirenden Generale einzusenden.

§. 15.

Eine Landwehrkompagnie des 1sten Aufgebots soll künftig bestehen aus:
1 Kapitain,
1 Premier-Lieutenant,
3 Sekonde-Lieutenants.
22 Unteroffizieren, worunter 2 Artillerie-Unteroffiziere,
4 Spielleuten,
300 Landwehrmännern,
25 Artilleristen,
in Summa 351 Köpfen excl. Offiziere.

§. 16.

Eine Landwehrkampagnie des 2ten Aufgebots:
1 Kapitain,
1 Premier-Lieutenant,
3 Sekonde-Lieutenants,
22 Unteroffizieren, worunter 2 Artillerie-Unteroffiziere,
4 Spielleuten,
300 Landwehrmännern,
25 Artilleristen,
in Summa 351 Köpfen excl. Offiziere.

§. 17.

Die Kompagnien und Schwadrons sind aus der gegenwärtig vorhandenen Mannschaft so stark als möglich zu formiren, demnächst aber jedes Jahr außer dem Ersatz des etwanigen Abgangs durch die nach ihrem Alter zur Landwehr gehörigen Leute bis zur vorgeschriebenen Zahl zu verstärken.

§. 18.

Bei Gelegenheit der neuen Formation müssen auch die Leute, die aus fremden Kreisen und außer den neuen, den Regimentern zugehörigen Ergänzungsbezirken ihren Aufenthalt haben, nach und nach ausgetauscht und den Regimentern überwiesen werden, zu denen sie künftig gehören sollen.

§. 19.

Der Staab eines Bataillons des 1sten Aufgebots soll in Friedenszeiten bestehen aus:
1 Kommandeur,
1 Adjudanten, der auch Rechnungsführer ist,
1 Bataillons-Chirurgus,
1 Bataillons-Tambour,
1 Bataillons-Schreiber,
1 Büchsenschmidt.

§. 20.

Der Staab eines Bataillons des 2ten Aufgebots soll in Friedenszeiten bestehen aus:
1 Kommandeur,
1 Adjudanten.

§. 21.

Der Regiments-Kommandeur führt im Frieden auch das 1ste Bataillon des Regiments, bei den Uebungen kann er dazu einen Kapitain bestimmen.

§. 22.

Eine Kavallerie-Schwadron des 1sten und 2ten Aufgebots soll bestehen aus:
1 Rittmeister,
1 Premier-Lieutenant,
2 Seconde-Lieutenants,
12 Unteroffizieren,
2 Trompetern,
120 Landwehr-Reitern,
1 Fahnenschmidt,
in Summa 134 Köpfen excl. Offiziere und Fahnenschmidt.

§. 23.

Bei einem Landwehr-Regimente werden demnach künftig seyn:
2 Bataillons-Kommandeure des 1sten Aufgebots, worunter der Regiments-Kommandeur,
2 Bataillons-Kommandeure des 2ten Aufgebots,
Summa 4 Staabs-Offiziere.
2 Adjudanten des 1sten Aufgebots,
2 ” des 2ten ”
Summa 4 Adjudanten.
2 Bataillons-Chirurgen,
2 Bataillons-Tambour,
2 Bataillons-Schreiber,
2 Büchsenschmiede.

§. 24.

Von diesen werden im Frieden in der Regel nur besoldet:
a) der §. 19. angegebene Staab eines Bataillons des 1sten Aufgebots und von jeder Kompagnie desselben,
1 Feldwebel,
1 Kapitain d'Armes,
2 Gefreite,
b) von jeder Kavallerie-Schwadron des 1sten Aufgebots,
1 Offizier,
1 Wachtmeister,
3 Gefreite,
1 Trompeter.

§. 25.

Vom 2ten Aufgebot wird im Frieden außer den Uebungen niemand besoldet; die besoldeten Offiziere und Landwehrmänner des 1sten Aufgebots besorgen auch zugleich die Geschäfte des in ihrem Bezirk liegenden 2ten Aufgebots.

§. 26.

Alle Offiziere, welche im Frieden bei der Landwehr fortdauern besoldet werden, gehören nicht zum Korps Offiziere des Regiments, sondern sind bei demselben nur zur Dienstleistung angestellt.

§. 27.

Da das Korps Offiziere der Landwehr seinem Zweck gemäß im Frieden außer den Uebungen auch beurlaubt ist, so sollen in Hinsicht der gegenwärtig bei den Regimentern befindlichen Offiziers folgende Rücksichten statt finden:
a) denjenigen Offizieren, die bereits außer den Jahren der Landwehrverpflichtung sind, bleibt es überlassen, ob sie ganz ausscheiden oder in so fern sie noch dazu fähig sind, ferner fortdienen wollen. Sind sie im Dienst invalide geworden, so werden sie nach den darüber statt findenden Vorschriften behandelt;
b) diejenigen Offiziere, welche noch in den Jahren der Landwehrpflichtigkeit sind, aber nach ihrer Heimath zu gehen wünschen, können sogleich beurlaubt werden und sie sollen, wenn ihr Wohnort in einen andern Regiments-Bezirk fällt, so weit es angeht auf ihr Verlangen zu jenem Regimente versetzt werden;
c) diejenigen Offiziere des stehenden Heeres, die nur im Laufe des Krieges zur Landwehr versetzt wurden, werden in der Regel wiederum bei dem stehenden Heere angestellt und erhalten, nach Maaßgabe ihrer künftigen Bestimmung, entweder Traktement oder Wartegeld;
d) für die Offiziere welche erst seit der Errichtung der Landwehr in das Militair getreten sind, finden folgende Bestimmungen statt:
aa) alle die, welche das eiserne Kreuz erhalten haben oder im Laufe des Krieges verwundet wurden, werden, wenn sie weiter dienen wollen, und dazu noch geeignet sind, so wie die Offiziere des stehenden Heeres unter c) behandelt;
bb) diejenigen, welche nicht das eiserne Kreuz erhalten haben und nicht verwundet wurden, müssen sich, wenn sie weiter dienen wollen und zum stehenden Heere, so fern sich Gelegenheit dazu findet, überzugehen wünschen, den in der Armee üblichen Prüfungen unterwerfen.
e) Alle übrige nur erst im Kriege eingetretene Offiziere treten, in so fern sie noch in den Jahren der Landwehrpflichtigkeit sind, mit unbestimmtem Urlaub in ihre frühere Verhältnisse zurück. Sie sollen indessen in solchen Fällen, wo es ihnen erweislich nicht möglich wird, sogleich in ihre frühere Beschäftigungen einzutreten, noch auf einige Zeit den halben Sold erhalten, und zwar diejenigen, die bereits in dem vorigen Feldzuge eingetreten sind, bis auf Zwei Jahre und die erst in diesem Feldzuge in Dienst gekommenen bis auf Ein Jahr. - Nach Maaßgabe ihrer Fähigkeit soll es ihnen auch erlaubt seyn, bei den Civil-Behörden mit ihrem halben Solde bis zu einer künftigen Anstellung zu arbeiten oder auch ihre Studien fortzusetzen.

§. 28.

Außer den bereits erwähnten Offizieren, welche fortdauern besoldet werden, wird es noch durch die jedesmaligen politischen und Lokalverhältnisse besonders bestimmt werden, ob noch mehrere Offiziere bei einem Landwehr-Regiment besoldet werden sollen; diese gehören aber jedesmal, wie schon §. 26. bestimmt ist, zum stehenden Heere, und sind im Frieden nur zur Dienstleistung bei der Landwehr angestellt.

§. 29.

In der Regel wird daher das Korps Offiziere eines Landwehrregiments mit Ausschluß der im Frieden zur Dienstleistung angestellten bestehen aus:
a) für die Infanterie,
2 Staabs-Offizieren,
16 Kapitains,
2 Adjudanten,
16 Premier-Lieutenants,
48 Sekonde-Lieutenants.
Zur Führung der Artilleristen bei den Uebungen wird hiervon per Bataillon ein Offizier kommandirt:
b) für die Kavallerie,
4 Rittmeister,
4 Premier-Lieutenants, wovon indeß 2, die zur Dienstleistung
8 Sekonde-Lieutenants, angestellt sind, abgehen.

§. 30.

Wie diese Offiziere in die Kompagnien und Schwadrons vertheilt und bei dem 1sten oder 2ten Aufgebot angestellt werden, wird dem jedesmaligen Ermessen der Regimentskommandeure, nach genommener Rücksprache mit den Kreisbehörden und Ausschüssen, anheim gestellt.

§. 31.

Das Offizier-Korps eines Landwehrregiments wird gegenwärtig aus allen den Offizieren formirt, die nach den oben unter b und e §. 27. angegebenen Bestimmungen bei der Landwehr bleiben. Wo diese nicht zureichen, machen die Kreisbehörden und Ausschüsse nach den folgenden Vorschriften die nöthigen Vorschläge zur Ergänzung.

§. 32.

Es soll nämlich jeder Abgang bei dem Korps Offiziere eines Landwehrregiments künftig in der Art ersetzt werden, daß die Behörde und der Ausschuß eines Kreises, in dessen Bezirk der Offizier abgegangen ist, 3 Kandidaten vorschlagen, aus welchen das Korps Offiziere des Regiments sich denjenigen auswählt, durch den es den Abgang ersetzen will.

§. 33.

Zu einem Offizier der Landwehr können aus den Jahren der Landwehrpflichtigen, die sich im Kreise aufhalten, vorgeschlagen werden:
a) diejenigen Offiziere, die ihrer häuslichen Verhältnisse wegen ihre Entlassung aus dem stehenden Heere nachsuchen. Diese treten mit dem Rang ein, den sie in der Armee bekleideten. Ferner können, jedoch mit Berücksichtigung, ob die vorgeschlagenen Individuen auch durch ihre Führung und Fähigkeit, so wie durch ihre sonstige Lebensverhältnisse sich zur Würde eines Offiziers eignen, aus folgenden Klassen von den Kreisbehörden und Ausschüssen, Subjekte zu Offizieren vorgeschlagen werden,
b) Freiwillige Jäger, die bei ihrer Entlassung vom Regimente das Zeugniß der Fähigkeit zum Offizier erhielten, und nun im Kreise angestellt oder angesessen sind,
c) Unteroffiziere, in so fern sie freie Grundeigenthümer sind;
d) Eingesessene des Kreises, die ein Vermögen von 10.000 Thlr. Kapitalwerth besitzen oder die Einkünfte eines solchen Kapitals beziehen. Die unter b, c und d angeführten Individuen treten bei ihrer Aufnahme in das Offizier-Korps jederzeit als die jüngsten ein.

§. 34.

Die Offiziere der beiden Bataillone Landwehr des 1sten und 2ten Aufgebots, die in einem Bezirk liegen, avanciren nach der Anciennität untereinander.

§. 35.

Bei diesen Avancement nach der Anciennität ist es indessen erforderlich, daß bei einer Beförderung sämmtliche Staabs-Offiziere und Kapitains denjenigen, der nach seiner Anciennität avanciren soll, zu dieser Beförderung für geeignet erklären.

§. 36.

Die Unteroffiziere und Landwehrmänner werden ebenfalls bis auf die, welche besoldet bleiben, beurlaubt. Diejenigen, welche ihren künftigen Aufenthaltsort in einem andern Bezirk nehmen, gehen wie schon früher erwähnt zu den dortigen Bataillons und Kompagnien nach und nach über, und haben die Regimenter deshalb sich die nöthigen Listen untereinander mitzutheilen.

§. 37.

Von den Besoldeten bleiben der Chirurgus, Bataillons-Schreiber und Bataillons-Tambour bei dem Staabe, ebenfalls per Kompagnie der Capitain d’Armes und 1 Gefreiter, letztere zur Aufsicht über die Waffen und Montierungsstücke. Unter den Capitain d’Armes und den Gefreiten müssen sich per Bataillon auch ein Schneider und Schuster befinden.

§. 38.

Die Landwehrmänner werden in ihrer gegenwärtig anhabenden Uniform beurlaubt, ihnen jedoch die Verpflichtung auferlegt diese sorgfältig zu schonen, damit sie bei einer nöthig werdenden Einbeorderung vollständig bekleidet erscheinen können. Diejenigen, die muthwillig ihre Montirungsstücke während ihres Aufenthalts in der Heimath vernichtet haben, würden diese auf ihre Kosten anschaffen müssen.

§. 39.

Gewehre, Patrontaschen, Tornister, Mäntel etc. bleiben in dem Bataillons-Zeughause.

§. 40.

Der Feldwebel und der zweite zum Dienst bleibende Gefreite erhalten ihren Aufenthalt in dem Ergänzungs-Bezirk der Kompagnie.

§. 41.

Die Kavallerie wird zuerst in Schwadronen gemäß der den Bataillons zugewiesenen Ergänzungs-Bezirken formirt und sodann nach folgenden Grundsätzen entlassen.

§. 42.

Die effektiven Pferde erhalten die Kommunen oder Eigenthümer, die solche zum Dienst des Staates hergegeben haben, zurück. Wo die Ausmittelung der ersten Eigenthümer Schwierigkeiten haben könnte, bleibt es den Kreisen überlassen, die Art der Vertheilung oder Versilberung mit Bezug auf die folgenden Bestimmungen anzuordnen.

§. 43.

Zuerst sind, zur künftigen Einstellung in die Kavallerie-Landwehr, alle diejenigen Landwehrpflichtigen bestimmt, die selbst oder deren Väter drei oder mehr Pferde halten. Diese sind verpflichtet, so lange sie sich in den Jahren der Landwehrpflichtigkeit befinden, sich mit einem Pferde zur Kavallerie-Landwehr ihres Bezirks zu stellen.

§. 44.

Landwehrmänner, die sich als Freiwillige mit einem diensttauglichen Pferde stellen, werden ebenfalls zur Landwehr-Kavallerie angenommen.

§. 45.

Was an der Vollzähligmachung der aus einem Bezirk zu stellenden Schwadron nach diesen beiden Klassen annoch fehlt, wird auf folgende Art nach dem Gutachten der Kreisbehörde gestellt:
a) entweder sämmtliche Grundeigenthümer übernehmen nach einer deshalb anzuordnenden Vertheilung die künftige Gestellung der Pferde, oder
b) die jedesmaligen jüngsten Grundeigenthümer erhalten die Verpflichtung die Pferde zu stellen, bis ein jüngerer Grundeigenthümer in ihre Stelle tritt.

§. 46.

Da es in einzelnen Städten Schwierigkeiten haben könnte, nach dem Maaßstabe des Grundeigenthums Pferde zu stellen, so werden die Lokalbehörden hierauf bei Vertheilung der Reiterei in den Bezirken die nöthige Rücksicht nehmen.

§. 47.

Außer denen, unter §. 43. und 44. angegebenen Landwehrreitern gehören vorzüglich alle diejenigen Kavalleristen dazu, die nach dem Gesetz vom 3ten September 1814. nach zurückgelegter Dienstzeit aus dem stehenden Heere entlassen sind. Diese werden durch die nach den Bestimmungen des §. 45. gestellten Pferde, beritten gemacht.

§. 48.

Die Landwehrreiter werden ebenfalls in Uniform und nach den unter §. 38. und 39. für das Fußvolk gegebenen Bestimmungen beurlaubt. Mäntel, Armatur und Reitzeuge bleiben in dem Zeughause zurück.
Mit Entlassung, Formation und Ergänzung der Offiziere für die Landwehrreiterei wird es eben so gehalten wie es für die Infanterie vorgeschrieben ist.

§. 49.

Von jeder Schwadron bleibt, wie schon §. 24. bestimmt worden ist, 1 Offizier, 1 Wachtmeister, 1 Trompeter und 3 Gefreite beritten und besoldet, die sich beim Staabe aufhalten. Unter den Gefreiten müssen sich wo möglich bei jeder Schwadron 1 Sattler und 1 Fahnenschmidt befinden.

§. 50.

Eben so wie die Kavalleriepferde werden auch die gegenwärtig bei den Landwehren befindlichen Mobilmachungspferde den Kreisen zurück gegeben. Die Fahrzeuge, Geschirre etc. bleiben aber in den Bataillons-Zeughäusern.

§. 51.

Dagegen werden die den Landwehrbataillonen zur Mobilmachung nöthigen Pferde künftig in den Kreisen nach denselben Grundsätzen wie die Reiterpferde aufgebracht.

§. 52.

Nachdem die neuen Landwehr-Formationen beendet sind, wobei jedoch alle mögliche Berücksichtigung der gegenwärtigen Verhältnisse beobachtet werden und die ganze Angelegenheit mit sorgfältiger Schonung des Landes ausgeführt werden muß, treten für die Landwehr folgende weitere Bestimmungen ein.

§. 53.

In jedem Regierungs-Departement wird ein General oder Staabs-Offizier als Inspekteur der beiden Aufgebote angestellt, der die Uebungen derselben nach den darüber noch zu gebenden Vorschriften, so wie alle Militair- Ergänzungs- und Mobilmachungs-Angelegenheiten in dem Regierungs-Departement, in Vereinigung mit den Civilbehörden und unter dem Ober-Befehl des kommandirenden Generals der Provinz leitet.

§. 54.

Das 1ste Aufgebot wird jährlich Zwei, das 2te Aufgebot jährlich Eine große Friedens-Uebung haben. Die erste Uebung des 1sten Aufgebots soll 3 Wochen dauern.

§. 55.

Die zweite Uebung soll acht Tage dauern und ein Bataillon des 1sten Aufgebots mit seinem Bataillon des 2ten Aufgebots in der Mitte seines Ergänzungs-Bezirks an einem schicklichen Orte zusammenrücken.

§. 56.

Wie und zu welcher Zeit diese Uebungen statt finden, soll noch durch besondere Vorschriften mit Rücksicht auf die Lokal-Verhältnisse bestimmt werden.

§. 57.

Auf welche Art ohne Beeinträchtigung der Gewerbe nach den Lokal-Verhältnissen es möglich seyn dürfte, einen Theil der Sonntags-Nachmittage zu kleinern Uebungen in den Ergänzungsbezirken zu gebrauchen, dies bleibt dem Ermessen der Lokal-Behörden überlassen.

§. 58.

Wie die Landwehr bei einem entstehenden Kriege ins Feld rücken und mit den Linien-Regimentern in Brigaden formirt werden soll, darüber werden noch besondere Anweisungen erfolgen.

§. 59.

Das 2te Aufgebot der Landwehr ist in Kriegszeiten nach dem Gesetz vom 3ten September 1814. hauptsächlich zu Besatzungen und zur besondern Sicherheit der Provinzen bestimmt.

§. 60.

Die bei einer jeden Landwehr-Compagnie befindliche Artillerie formirt bei dem Zusammenrücken, sowohl beim ersten als zweiten Aufgebot per Bataillon eine Artillerie-Compagnie von
1 Offizier
8 Unteroffizieren,
100 Gemeinen.
Die Landwehr-Artillerie des 1sten Aufgebots wird bei eintretender Mobilmachung, nach einer dazu noch näher zu gebenden Bestimmung, mit der Artillerie des stehenden Heeres vereinigt; die Artillerie des 2ten Aufgebots rückt beim Ausbruch des Krieges in die nächsten Festungen.

§. 61.

Außer vorgedachten Uebungen kann die Landwehr nur auf Unsern Befehl und bei einem unerwarteten feindlichen Anfall durch den kommandirenden General der Provinz nach Unsern, ihm deshalb ertheilten Instruktionen, zusammengerufen werden. In wie fern einzelne Theile der Landwehr des 2ten Aufgebots zur Erhaltung der innern Sicherheit und zur Unterstützung des Landsturms auch im Frieden in einzelnen Fällen mitwirken sollen, darüber werden noch besondere Vorschriften erfolgen.

§. 62.

Sobald die Landwehr auf Unserm Befehl zusammen gerufen wird, tritt sie nach den deshalb ausgefertigten Etats, in den vollen Sold.

§. 63.

Im Frieden werden außer den Uebungen nur die vorhin angeführten bei der Landwehr zur Dienstleistung angestellten Personen besoldet, und werden die Regimenter hierüber so wie über die Gewehr-Reparaturgelder und Kompagnie-Unkosten etc. noch die besondern Etats erhalten.

§. 64.

Für die beurlaubten Offiziere der Landwehr finden folgende Bestimmungen statt:
Der Staabsoffizier erhält als Vergütung für die Ausgaben bei den Uebungen jährlich Einhundert Funfzig Thaler und 2 Rationen. Die Capitains und Rittmeister jährlich Zwei und siebenzig Thaler und 1 Ration.

§. 65.

Die Subalternen-Offiziere erhalten für jeden Tag, den sie bei den Uebungen oder sonst im Dienst seyn müssen, ihrem Gehalte angemessene Diäten.

§. 66.

Die Offiziere erhalten Servis. Dies gilt auch von den besoldeten Unter-Offizieren und Landwehrmännern.

§. 67.

Die Ausmittelung und Erhaltung des Bataillons-Zeughauses geschieht von allen zum Ergänzungsbezirk gehörigen Kreisen.

§. 68.

Die besoldeten Unteroffiziere und Gefreiten erhalten ihre Uniform so wie bei den Truppen des stehenden Heeres. Wie die Bekleidung der übrigen Landwehrmänner erhalten werden soll, darüber wird noch eine ausführliche Vorschrift erfolgen.

§. 69.

Wie die Ergänzung des Offiziers-Korps und das Avancement Statt finden soll, ist bereits oben bestimmt worden. Es muß so viel wie möglich darauf gesehen werden, daß die erwählten Offiziere immer in den Bezirken wohnen, in welchen die Kompagnien, zu denen sie gehören, liegen; um dies zu erleichtern, können außer den Uebungen auch Lieutenants die Kompagnien kommandiren.

§. 70.

Die Landwehrmänner werden nach dem Gesetz vom 3ten September 1814. aus den der Kriegs-Reserve austretenden Soldaten jährlich ergänzt, wo diese nicht zureichen, werden die fehlenden aus den noch nicht gedienten Landwehrpflichtigen gewählt. Eben so wird es mit der Ergänzung des 2ten Aufgebots nach der Vorschrift des §. 9. des angeführten Gesetzes gehalten.

§. 71.

Wie diejenigen, die in die Landwehr eingestellt werden, ohne im stehenden Heere gedient zu haben, ausexerzirt werden sollen, darüber werden noch besondere Vorschriften erfolgen.

§. 72.

Die Unteroffiziere werden aus den dazu geeigneten Landwehrmännern durch den Capitain gewählt und durch den Bataillons-Kommandeur bestätigt.

§. 73.

Zu Artilleristen werden alle diejenigen genommen, die in der Artillerie des stehenden Heeres ausgebildet wurden. Wird die Zahl nicht vollzählig, so werden hauptsächlich solche Handwerker ausgewählt, die sich für den Dienst der Artillerie eignen.

§. 74.

Die Landwehr steht, wenn sie versammelt ist, unter den Kriegsgesetzen. In ihrer Heimath steht sie unter den Ortsgerichten, welche in etwanigen Straferkenntnissen die Landwehrmänner indeß nur mit solchen Strafen belegen können, die in den Kriegsgesetzen vorgeschrieben sind. Werden härtere Strafen nothwendig, so zieht dies zugleich die Ausstoßung aus der Landwehr nach sich.

§. 75.

Die Landwehroffiziere haben, wenn sie in ihrer Heimath sind, als Offiziere den Gerichtsstand der Eximirten.

§. 76.

Bei bedeutenden oder wiederholten Dienstvergehen, die sich einzelne Offiziere wider Erwarten zu Schulden kommen lassen, muß kriegesrechtlich erkannt werden und können die Kriegesrechte auch auf Entlassung aus dem Dienst, welches allemal den Verlust der Offizier-Prärogativen nach sich zieht, erkennen.

§. 77.

Bei den jährlichen Uebungen, die das 1ste und 2te Aufgebot nach §. 55. zusammen hat, wird bei jedem der 2 Bataillone ein Ehrengericht von dem gesammten Offiziers-Korps erwählt, welches aus einem Kapitain und zwei Lieutenants besteht. Der Zweck desselben ist, alle die im Laufe des Jahres vorgefallenen noch nicht ausgeglichenen Angelegenheiten des Offizier-Korps beizulegen, und die etwa vorfallenden Verstoße in der Führung einzelner Individuen zu rügen. Da wo ein ganzes Offizier-Korps auf die Entfernung einzelner Mitglieder antragen müßte, oder wo dies die Staabs-Offiziere und das Ehrengericht für nöthig halten sollten, wird nach §. 76. über ein solches Individuum kriegesrechtlich erkannt.

§. 78.

Offiziere, sowohl als Landwehrmänner die im Dienst invalide wurden, werden eben so wie die Invaliden des stehenden Heeres behandelt.

§. 79.

Diejenigen Offiziere, die nach erfüllter Dienstpflicht ihren Abschied nachsuchen, können die Uniform forttragen.

§. 80.

Offiziere, die 20 Jahre bei der Landwehr gedient haben, treten in Hinsicht der Versorgung in die Rechte der Offiziere des stehenden Heeres.

§. 81.

Diejenigen Landwehrmänner, die in beiden Aufgeboten ihre Zeit ausdienten, erhalten das Vorrecht, bei feierlichen Gelegenheiten die Uniform tragen zu können.

§. 82.

Bei einem jeden Landwehrregiment, wird eine Anzahl Gnadenthaler für diejenigen Landwehrmänner bestimmt, die in beiden Aufgeboten vorwurfsfrei gedient, und in ihrem Alter der Unterstützung bedürfen. Sie gelangen übrigens zur Erhebung des Gnadenthalers, wenn einer erledigt wird, nach ihrer Dienstzeit.
Wir befehlen Allen Unsern Behörden und Unterthanen, sich nach diesen Vorschriften zu achten.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben zu Berlin, den 21sten November 1815.
(L.S.) Friedrich Wilhelm.
C. Fürst v. Hardenberg. v. Schuckmann. v. Boyen.