Oflag II A / Oflag 80

Das Oflag II A war ein Kriegsgefangenenlager im Wehrkreis II nach der Genfer Kriegsgefangenen-Konvention von 1929, in dem ab September 1939 polnische und ab 10. Mai 1940 belgische Offiziere untergebracht waren. Das "A" steht für das erste Oflag im Wehrkreis II - Prenzlau. Genutzt wurde der Kasernenkomplex der ehemaligen Beobachtungs-Abteilung 2 in der Berliner Straße auf der rechten Seite in Richtung Berlin. Oberst Jesco von Puttkamer (*26.8.1876 - †25.3.1959) war bis Anfang Juni 1940 der erste Lagerkommandant des Oflag II A. Unterteilt wurde das Oflag II A in das Lager A und Lager B. Das Lager A bestand aus den Blöcken A - E sowie einer Turnhalle und das Lager B aus den Hallen G(H)3 - G(H)8 sowie einem Wachgebäude, einer Garage, einem Werkstattgebäude, einem Konservenlager und einem Gepäckschuppen. Das gesamte Lager war mit doppeltem Stacheldrahtzaun umgrenzt und mit insgesamt 7 Wachtürmen umgeben. Die Tagwache bestand aus 36 Soldaten. In der Nachtwache wurden die Posten auf den Wachtürmen verdoppelt und eine Streife im Zaunbereich eingeteilt. Die Wache war in einem extra Trakt im Erdgeschoß vom Block D mit separatem Eingang untergebracht.

Lageplan


Den Oberbefehl hatte der Deutsche Lagerkommandant mit mehreren Adjutanten. Für jeden Block waren ein Offizier und ein Unteroffizier verantwortlich.

Der belgische Lagerkommandant bis zum 22. Juli 1943 war Generalleutnant Edouard van den Berghen und als Stellvertreter Generalleutnant Alexis van der Veken. Im Lager B führte der Major B. E. M. Berkenne das Kommando. Jeder Block stand unter dem Kommando eines belgischen Oberst und jede Etage unter dem Befehl des ältesten Offiziers. Alle belgischen Führungskräfte waren der deutschen Sprache kundig.
Major Victor Legrand gelingt am 22. Juli 1943 die Flucht aus dem Oflag II A. Gefangen waren ca. 2.700 Offiziere im Lager A und ca. 300 Soldaten und untere Dienstgrade im Lager B.
Die Gefangenen waren berechtigt, monatlich zwei Karten mit sechs Zeilen und zwei Briefe mit zwanzig Zeilen zu versehen. Die Post wurde rücksichtslos zensiert. Die Gefangenen durften abwechselnd einen Brief und eine Karte alle 10 Tage erhalten.
Es gab in allen Blöcken und Garagen eine Stelle, die Abendnachrichten aller Art und aus allen Quellen zur Kenntnis gab. Die Übersetzung der deutschen Nachrichten und interessante Artikel, Neuigkeiten über Belgien, illegal erhalten oder "von außen", wurden täglich gelesen.
Gefangene durften deutsche, belgische und französische Zeitungen und Veröffentlichungen abonnieren. Die lokalen deutschen Zeitungen gingen am gleichen Tag ein, französische und belgische Zeitungen mit einem Abstand von mehreren Tagen.

Das Lager A

Die Blöcke A, B und C sind identisch und das Erdgeschoss sowie die 1. und 2. Etage waren ständig bewohnt. Die Keller wurden nur während der Winterzeit genutzt, indem die Insassen einiger nicht beheizbaren Garagen des Lagers B umquartiert wurden. Es gibt nur wenige Wohnräume mit Büro, Bad, Küche und Gas, die den Generalen der Ältesten vorbehalten blieben. Die anderen Generale hatten meist einen kleinen Raum zu zweit pro Zimmer, Oberste vier pro Zimmer, Majore sechs und Unteroffiziere acht, sechzehn oder 34 pro Zimmer, abhängig von der Kapazität der Räume. In den Zimmern von mehr als zwei oder drei Leuten, waren die Betten in Paaren gestapelt, manchmal auch drei übereinander.
Die Einrichtung bestand aus Betten aus Holz oder Metall, mit Matratze und Kissen. In der Regel wurden zwei deutsche Decken die zu klein und von schlechter Qualität waren verwendet, sie konnten aber durch Decken aus Belgien ersetzt werden.
In jedem Zimmer gab es eine Reihe von Tischen, Stühlen, Hockern und Bänken. In den Räumen der Unteroffiziere war die Einrichtung absolut unzureichend: ein Schrank wurde von drei Unteroffizieren genutzt.
An jedem Ende jeder Etage in jedem Block befanden sich die Toiletten, Wäscheräume und vieles mehr im Erdgeschoss. Das Wasser wurde zu bestimmten Zeiten des Tages abgestellt, warm geduscht konnte nur alle 2-3 Monate werden.
Der Gottesdienst wurde in keiner Weise von den Deutschen behindert. Ein großer Raum im Dachgeschoss im Block B wurde in eine Kapelle verwandelt und sehr kunstvoll gestaltet und eingerichtet. Tägliche Gottesdienste wurden von den beiden Geistlichen des Lagers Sonntags und die Messe in der großen Turnhalle abgehalten.

In Block D befanden sich im Erdgeschoss die deutsche Wache, Besuchszimmer, einige Büros und Werkstätten, wie Schuhmacherei, Schneiderei, Friseur, Zahnmedizin, etc. Das erste Stockwerk wurde von Patienten, Ärzten und Krankenschwestern belegt. Das zweite Stockwerk wurde bewohnt und im Dachgeschoss wurden etwa 6.000 Taschen aufbewahrt, da sie nicht in den Räumen der 3 Sterne Generäle und Oberste Platz fanden. Im Keller befanden sich die technischen Einrichtungen wie Heizung, Kessel usw. Das medizinische Personal bestand aus 5 belgischen Ärzten (davon einer Reserve) und belgischen Krankenschwestern unter Aufsicht eines deutschen Arztes. Jeden Morgen wurden die Kranken behandelt und operiert, schwere Fälle wurden in das Prenzlauer Krankenhaus überstellt. Das Lager hatte nur einen Zahnarzt für 3.000 Gefangene. Es gab kaum Medizin und medizinischen Materialien. Die Krankenzimmer waren mit Wanzen, Kakerlaken und anderen Insekten befallen.

Der Block E enthielt die Küche, eine Kantine, zwei große Speisesäle, das Esszimmer für 3 Sterne Generäle und Obersten und verschiedene deutsche Büros. In den Speisesälen standen hölzerne Tische und Bänke. Die Köche waren belgische Soldaten. Jede Küche wurde von einem belgischen Offizier überwacht und alle standen unter deutscher Leitung: 1 Unteroffizier und der Offizier waren immer anwesend. Die Menüs wurden von den Deutschen vorbereitet.

Im Lager war eine Bibliothek mit 6.000 Bänden aller Art aus Freizeit, Bildung, etc. vorhanden. Ein Buchbinder hielt sie in gutem Zustand und viele Offiziere wurden in die Geheimnisse dieser Kunst eingeführt.

Drei- bis viermal im Jahr konnten jeweils 100 Gefangene mit einem deutschen Offizier und mehreren Unteroffizieren zur Badestelle am Uckersee baden gehen. Sie mußten vorher eine eidesstattliche Erklärung unterzeichnen und sich verpflichten, den Badegang nicht zur Flucht zu nutzen.

Die Rückseite des Block B wurde am 12. April 1945 um 21.35Uhr (einen Monat vor der "Befreiung") von zwei russischen Fliegerbomben getroffen, die in das Dach und die Kapelle Zimmer 401 und im ersten Stock einschlugen. Es gab 8 Tote, davon 5 aus dem Hause B/401 und mehrere Schwerverletzte (einschließlich Lt Raymond Depienne).

Die Toten waren:

Zivil-Friedhof Dienstgrad Name, Vorname Geburtsdatum Raum Alter
40 Lieutenant Stievenart Robert - (Brux.) 10/06/13 B/401 31 Jahre
41 Commander Dozin Francis (Lüttich) 13/09/00 B/301 44 Jahre
42 Lieutenant DROPSY Palmyra-A (Mons) 31/08/11 B/12.. 33 Jahre
43 Sub-Lieutenant HABAY Remy (Liège) B/302
44 Sub-Lieutenant Boseret Rene (Namur) B/401
45 Sub-Lieutenant PARON von Pierre (Brüssel) B/401
46 Lieutenant GODEFROID Vincent A.-G. (Mons) 12/12/07 B/401 36 Jahre
47 Sub-Lieutenant Jean Frison B/401

Die acht Leichen wurden vorübergehend zivil in Prenzlau begraben. Die meisten wurden Mitte Juli 1947 in ihre Heimat zurückgeführt und umbestattet. Die Kapelle im Dachgeschoss vom Block B entging der Katastrophe.

Das Lager B

Das Lager B bestand aus Garagen und Schuppen und wurde durch einen doppelten Stacheldrahtzaun vom Lager A getrennt. Eine verschlossene Tür wurde morgens und abends geöffnet, um von einem Lager zum andern zu gelangen.
In den Garagen standen Betten und Schränke, um eine Art kleine Räume zu bilden. Sanitäre Anlagen (eine Grube überdeckt mit einem Balken) befanden sich außerhalb der Garagen, eine Dusche gab es nicht.
Einige dieser Garagen wurden im Winter bei unerträglicher Kälte geräumt. Offiziere zogen in einem solchen Fall in ein Haus des Lagers A. Beschwerden blieben fruchtlos.
Manche Räumlichkeiten verfügten über eine Zentralheizung, die wegen der Heizbeschränkungen eindeutig unzureichend waren. Im Winter 42-43 reichte die Hitze während des Tages und am Abend wurden in vielen Räumen keine Heizungen mehr warm. Das elektrische Licht wird von der Wache geschaltet. Im Allgemeinen war die Beleuchtung völlig unzureichend. Den ganzen Winter war es außer während der Abendstunden unmöglich, zu lesen oder zu schreiben. Das Licht wurde jeden Abend um 22.00Uhr ausgeschaltet. Manchmal gab es als Strafe für mehrere Tage kein Licht.
Oft wurden eine Art Briketts aus Kohlenstaub und Ton selbst hergestellt und in kleinen selbstgefertigten Öfen verbrannt.
Die durch Rechtsverordnungen festgelegten Reinigungen, waren wegen des Fehlens von Bürsten und Lappen und unzureichender personeller Ausstattung für die Instandhaltung und Sauberkeit der Zimmer häufig mangelhaft.
Die meisten Zimmer waren mit Wanzen befallen. Sie wurden auf Antrag desinfiziert, aber ohne nennenswerte Erfolge.

Vom 28. August 1939 bis Ende 1944 wurde das Lager Oflag II A genannt und wahrscheinlich bereits am 20. November 1944 in Oflag 80 umbenannt. Am 25. April 1945 begann die teilweise Evakuierung des Oflag 80 in Richtung Westen. Das deutsche Kriegsgefangenenlager Oflag 80 bestand wahrscheinlich bis 25. April 1945. Es erfolgte die "Befreiung" durch die Sowjetische Armee und die Umwandlung in das "Sowjetische Kriegsgefangenenlager Prenzlau", deren Existenz bis Juli 1945 nachgewiesen ist. Nach dieser Zeit werden die Gebäude durch die sowjetische Besatzungsmacht bezogen und dienten bis 1992 als Kaserne für die Sowjetischen Streitkräfte.

"Bildergalerie - Militär - Das Oflag II A Prenzlau" und "Bildergalerie - Sonstiges - Stempel - Militärstempel"


Quellen:
• Major Victor Legrand "Bericht über die Lebensbedingungen der gefangenen belgischen Offiziere im Oflag II A Prenzlau", London, 29. Februar 1944
• Hans Hermann Schmidt "Wollen das Beste hoffen", Eine Familiengeschichte im Schatten zweier Weltkriege; Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt; ISBN 978-3-8370-4582-6
• G. Mattiello, W. Vogt "Deutsche Kriegsgefangenen- und Internierteneinrichtungen 1939-1945, Handbuch und Katalog, Lagergeschichte und Lagerzensurstempel"; Band 2 Oflag, BAB, Dulag etc.; Selbstverlag Dr. G. Mattiello, Mailand und Wolfgang Vogt Koblenz. 1987
• diverse Bild- und Zeitdokumente