Große Kasernenstraße

Sie verbindet die Stein- und Schulzenstraße in der Länge von 100m und war 1648 noch nicht vorhanden, da sich hier noch der „Grüne Kirchhof“ befand. In einer Karte von 1720 wird sie zusammen mit der Sternstraße als Schleichstraße und 1722 als Schleichgasse bezeichnet. Der Name Kasernenstraße ist erst im 19. Jahrhundert entstanden. Laut Stadtverordnetenbeschluß vom 19. Dezember 1950 heißt sie „ Diesterwegstraße “. 1880 zählte man hier 5 Häuser mit den Nummern 440-442 und den Kasernen I und II, 1892 und 1938 vier Grundstücke mit den Nummern 440-442 und die Kaserne I. Kanalisiert wurde die Straße 1916. Die Kasernen I und II sind als Kasernen „vor das Regiment von Wunsch“ 1768 und 1770 durch Wunsch, Johann Jakob W. v. auf anraten des Magistrats aus Steinen der ehemaligen Friedhofsmauer, der Stadtmauer und aus Trümmerresten des eingestürzten Kirchenschiffes St. Nikolai erbaut worden.

Kaserne I

Aus der Stadtmauer vom Komödienhaus bis zum Mittelturm entnahm man allein 177.000 Stück Ziegel. Fertiggestellt waren die Kasernen 1772 mit einem Kostenaufwand von 26.000 Talern. Ein Teil der Kaserne I wurde bereits 1765 gebaut, 1768 als Bauwerk erweitert. 1806 benutzten die Franzosen die Kaserne I als Lazarett und Magazin. 1809 wurde die Kaserne I Armenanstalt der Stadt, und in Kaserne II brachte man invalide Soldaten und Soldatenwitwen und -weisen unter. Ab 1820 zog wieder preußisches Militär in die Kaserne I ein, das in ihr auch das Lazarett im Ostteil hatte. In Kaserne II befand sich im gleichen Jahr das Landwehr-Zeughaus. 1822 verlegte man dann die Armenanstalt in die Kaserne II, wo sie bis 1830 verblieb. Nach dieser Zeit standen beide Kasernen wieder restlos dem Militär zur Verfügung. 1880 wurde auch das Lazarett herausgenommen und in dem neuerbauten Lazarettgebäude in der heutigen Karl-Marx-Straße untergebracht. 1925 wurde die Stadt Eigentümerin beider Gebäude und vermietete sie an Verwaltungen und für Wohnzwecke. Während der Inflation, war auch vorübergehend eine Truppe „Baltikumer“ hier kaserniert. Die über die Mitte der Kasernen befindlichen und verzierten Giebelfelder trugen folgende Inschriften: „Caserne vor das Regiment von Wunsch gebauet Anno 1768“


Caserne vor das Regiment von Wunsch gebauet Anno 1768 und „Zwey Caserne vor das Regiment von Wunsch gebauet Anno 1770“.
Beide Giebelinschriften wurden 1950 entfernt. Das auf der südlichen Straßenseite liegende Exerzierhaus wurde ebenfalls 1770 auf dem „Grünen Kirchhof“ erbaut. Die in ihm aufgestapelten und umfangreichen Militärvorräte fielen 1806 den Franzosen restlos in die Hände. Als damals die Franzosen anfingen, ihre Pferde in Privatwohnungen unterzustellen, richtete man einen Teil des Schuppens zur Unterbringung von 300 Pferden ein. Ein anderer Teil blieb bis 1812 weiterhin Magazin. Von 1812 bis 1820 als „Bürgerremise“ benutzt, fand er ab 1820 wieder Verwendung als Exerzierschuppen. Am 25. April 1934 erfolgte die grundbauamtliche Eintragung zu Gunsten der Nikolaigemeinde, nachdem ein viele Jahrzehnte hindurch dauernder Prozeß zwischen Stadt und Kirche zu einem Vergleich geführt hatte und diente nun den Mietern der ehemaligen Kaserne I als Stall und Schuppen.

8. August 1956 Exerzierschuppen

Das 1780 gegen den Willen der Nikolaikirche auf dem Gelände des „Grünen Kirchhofs“ errichtete Exerzierhaus war das letzte vorhandene Gebäude dieser Art im Gebiet des ehemaligen preußischen Staates. Es stand vollkommen auf Grabstellen, sodaß wiederholt bei Bauarbeiten Särge freigelegt wurden. Sein Abriß wegen Baufälligkeit war schon im 19. Jahrhundert zu wiederholten Malen erwogen worden. 1974 brannte der Exerzierschuppen ab.


Quellen:
• Adreßbücher der Stadt Prenzlau in mehreren Jahrgängen
• Stadtpläne der Stadt Prenzlau und Umgegend aus mehreren Jahren
• "Die Prenzlauer Straßen und ihre Geschichte", Alfred Hinrichs, maschinenschriftliche Aufzeichnungen, 1954
• "Johann Jakob von Wunsch General der Infanterie", Dr. Schwartz in Heimatkalender für den Kreis Prenzlau 1941, Seite 36-43