Lindenstraße

Diese heute rd. 315 m lange Straße bestand bis 1880 nur bis zum Grundstück Nr. 788, wo sie als Sackgasse endete. Sie führte viele Jahrunderte hindurch den Namen " An der Wurstbrücke ", weil die Wurstmacher der Stadt in dem neben der Straße entlang fließenden Mittelgraben die Därme spülten und sich nach und nach kleine Buden aufbauten. Anfang des 19.Jahrhunderts entstand der Name Lindenstraße.

Der Südanfang der Straße am Mittelturm wurde durch zwei kleine Häuser mit einem schmalen Gang zur Neustadt hin abgeschlossen. Der schon als Sackgasse angegebene Nordteil hatte als Abschluß neben dem Haus Nr. 788 ein weiteres Grundstück bis an den Mittelgraben heran. Eine Erweiterung zum heutigen Nordteil der Straße erfolgte um 1800. Der Nordteil führte bis dahin die Namen " Weg nach den Gärten " oder ab Anfang 1800 " Verlängerte Lindenstraße ".

Der Bürgersteig am Nordende entstand 1876, im gleichen Jahr auch eine Fahrbahnumpflasterung. Vor 6 nebeneinander liegenden Häusern fehlte noch 1887 eine Gehbahn. Am 18. März 1876 wurde infolge des hohen Wasserstandes im Mittelgraben die Hälfte des Straßendammes unter Wasser gesetzt. Die noch vorhandene Feldsteinmauer als Abschluß des Turnplatzes zum Mittelgraben wurde 1939 ausgeführt.

Vor 1850 befand sich in Nr. ? eine Roßmühle, die einem gewissen Küster gehörte und 1850 von dem Müller Bohm – Bohmsmühle – als Mehlniederlage genutzt wurde.

An Stelle des Hauses Nr. 788 stand früher das Haus des Klosterfischers des Franziskanerklosters. Die dazu gehörigen Gärten gingen bis an die Schnelle. Nach der Auflösung des Klosters 1544 wurden alle hier befindlichen Liegenschaften desselben säkularisiert und bis 1808 lastenfrei. Das Grundstück 788 hieß deswegen auch mit diesem Garten "Minchen-(Mönchen-)Garten-Freiheit".

Der Verbindungsweg zur Seufzerallee hieß längere Zeit " Weg nach der Promenade ". Entstanden ist er wohl, als 1724 die Palisaden zwecks Verhinderung von Desertierungen um die Neustadt und an der Seufzerallee errichtet wurden. An dieser Stelle, direkt am Mittelgraben , endeten damals diese Sicherungsanlagen der Garnison . 1799 kaufte Prinz Friedrich Wilhelm von Braunschweig das Rittergut " Graukloster ", das Gelände des Prinzenpalais (spätere Stadtschule I ) in der Klosterstraße und die Gärten am Mittelgraben . Die Palisaden und der Rondesteig wurden darauf bis an die Wasserstraße verlängert, die Mittelgrabenbrücke an der Wasserstraße erbaut und somit entstand der Nordteil der Lindenstraße.



Der Bau des Gymnasiums ( Lindenschule ) wurde am 3. August 1839 begonnen und 1840 fertig gestellt. Die Einweihung erfolgte 1841. Die Kosten betrugen 32.451 Taler. Bezogen wurde es am 15. Oktober 1841. Am 26. Januar 1889 fand die Einweihung der neu ausgebauten Aula statt, zu deren Inventarisierung der Ehrenbürger Witt, Carl Friedrich August 7 große Bilder und die Orgel stiftete. 1893 wurde das 350-jährige Bestehen der Lateinschule gefeiert.

Das Gymnasium - Nach einer Lithographie von Luise Kannengießer, etwa 1850; Aufnahme: Amandus Ritter, Prenzlau
vorn die Lindenstraße mit der Holzbrücke über den Mittelgraben

In dem Grundstück Nr. 779 wurde am 15. April 1883 für wandernde Handwerksgesellen die Herberge zur Heimat mit 42 Betten und einem Vereinssaal eröffnet. Gleichzeitig mit dieser Einrichtung war ein Arbeitsnachweis verbunden. 1893 wurden auf Kosten des Kreises 3.102 Wanderer verpflegt, von denen in 2.086 Nächten 1.827 fremde Selbstzahler waren. 1892 kostete dort eine große Tasse guten Bohnenkaffees 3 Pfennige, mit Zukost 5 Pfennige, und 1884 ein Mittagessen (Hülsenfruchtsuppe mit Fleisch) je Liter 15 Pfennige.

Evangelisches Vereinshaus " Herberge zur Heimat " - Lindenstraße 779/80

1880 wurden in der Lindenstraße 29 Grundstücke aufgeführt und zwar die Nummern 771, 773-788, 789a,b,c Gymnasium, 790a, 791a,b,c,d. 1892 aren 27 Grundstücke (773-788, 789a,b,c, 790a,b, 791a,b, 792a,b,c,d) vorhanden, und 1938 zählte man die Nummern 773-778, 779/80, 781-788, 789a,b,c, 790a,b,c und d = 25 Grundstücke.
Bis auf zwei kleine Häuser brannten 1945 alle Gebäude dieser Straße ab.
Das 1945 ausgebrannte Gymnasium wurde im Wiederaufbau 1951 begonnen und 1952 fertig gestellt. Die veranschlagten Kosten betrugen rd. 600.000 Mark.


Quellen:
• Adreßbücher der Stadt Prenzlau in mehreren Jahrgängen
• Stadtpläne der Stadt Prenzlau und Umgegend aus mehreren Jahren
• "Die Prenzlauer Straßen und ihre Geschichte", Alfred Hinrichs, maschinenschriftliche Aufzeichnungen, 1954