Neustadt

Die Neustadt ist 580 m lang und zieht sich vom Mittelturm bis zum Mühlmannstift, wo sich früher das 1877 abgerissene Berliner Tor befand und der Neustädter Damm beginnt. Sie ist wohl ebenso alt wie die übrige Altstadtanlage, denn eine Notiz besagt: "...1222 erweitere Herzog Barnim I. die Stadt durch Anlegung der Neustadt...".

Den östlichen Teil, vom Mitteltor bis zum Gasthaushospital (Nr. 763), nannte man früher " Krümmel " auch " Im Krummen ". Es ist dies die eigenartige Einbuchtung am Grundstück Nr. 764 die diese Benennung verursachte. Wahrscheinlich machte an dieser Stelle im Mittelalter die Neustadt einen scharfen Knick nach Norden und führte zur Wurstbrücke in die Kreuzstraße , denn der Mittelturm entstand erst spät im 15. Jahrhundert, wobei dann auch erst eine danebenliegende Tordurchfahrt in die Wittstraße geschaffen wurde. Die Gegend westwärts des " Krümmel " bis kurz hinter den Ravitgraben nannte man " Ravid " oder " Auf dem Rafit ".

der "Krümmel"



Brauerei

rechts das Kettenhaus

Brunnen an der Schleusenstraße

Der alte Straßenzug liegt zum großen Teil unter den südlichen Mauern der Neustadt und ist etwa 1,70 m unter dem heutigen Terraint. Vorhanden waren noch die eingerammten und aufgelegten Eichenstämme als Fundamentierung der Fahrbahn, die durch Erlen- und Birkenknüppel erhöht worden war.

Wir befinden uns hier am ehemaligen Wohnort der nicht in der Stadt geduldeten Wenden, worauf auch der slawische Name " Ravit " = Schilfgegend, hinweist. Der Ravitgraben ging noch 1722 seebuchtartig in Mindestbreite von 20 Metern bis an die Neustadt heran. Bis 1740 stand an diesem Graben ein mannshoher Pfahl, an dem vermerkt war, wo die betreffende nach Prenzlau einzuführende Ware, verkauft werden durfte.

So, wie auf dem Kuhdamm , gab es auch auf der Neustadt früher erhebliche Überschwemmungen. Am 25. Februar 1650 stieg infolge der Schneeschmelze die Ucker so hoch an, daß die Gegend am Ravit unter Wasser gesetzt wurde und niemand von der Neustadt in die Altstadt gelangen konnte. Eine weitere größere Überschwemmung erfolgte im Januar 1661, wobei auch der Neustädter Damm in Mitleidenschaft gezogen wurde, sodaß die Holzzufuhr in die Stadt ins Stocken geriet.

Die Bezeichnung für diese historische Straße wurde aus Unkenntnis der heimatlichen Geschichte, am 7. März 1951 zusammen mit der Wittstraße und dem Neustädter Damm in " Ernst-Thälmann-Straße " umgeändert.


Quellen:
• Adreßbücher der Stadt Prenzlau in mehreren Jahrgängen
• Stadtpläne der Stadt Prenzlau und Umgegend aus mehreren Jahren
• "Die Prenzlauer Straßen und ihre Geschichte", Alfred Hinrichs, maschinenschriftliche Aufzeichnungen, 1954