Stadtmauer

Eine Stadtmauer gehört zur Befestigungsanlage einer Stadt und ist die Weiterentwicklung der Palisaden im Mittelalter. Eine reine Stadtmauer ist nur eine Umfriedung. Meistens sind viele Wehrtürme und Stadttore mit Türmen zur Verteidigung vorhanden. Die Mauerkrone war oft begehbar oder enthielt zusätzliche Abwehreinrichtungen wie z.B. dort gelagerte Rollsteine, die beim Werfen von Seilen zur Erstürmung der Mauer herabrollten und den Angreifer an seinem Vorhaben hinderten. Von außen wurde die Stadtmauer durch einen Wallgraben, meist mit Dornenhecken bepflanzt sowie einem Wallgang zum Schutz vor Angreifern ergänzt. Im gesamten Innenbereich einer Stadtmauer befindet sich der Rondesteig , einem Weg, der den Wachen zu Patrouillengängen diente.

Urkundlich erwähnt wird die Prenzlauer Stadtmauer erstmalig 1287, als deren Bau ihre Genehmigung fand. Sie muß jedoch 1270, wenigstens an der Westseite, bereits fertig gewesen sein.

Eine Verstärkung der Befestigung und ein Neu- und Umbau der Türme wurde 1433 vorgenommen. Die nur etwa 30 cm unter Terrain ohne Fundamente auf den gewachsenen Boden aufgesetzte Mauer besteht aus einem 1,5 bis 3 m hohen Feldsteinunterbau, dem ein Oberbau aus Backstein (Format 29 x 14 x 9,5 cm) folgt. Nur ein kurzes Stück an der Katholischen Kirche besteht restlos aus Feldstein. Die Durchschnittshöhe, die noch im Original am Mittelgang zu finden ist, betrug 9 Meter. Zinnen und Wehrgänge an den Mauern waren nicht vorhanden, während – einmalig bei den märkischen Stadtmauern – sich an den Außenseiten vielfach Erker (Pechnasen) zwischen den Wiekhäusern befanden. Die auf Armbrust-Schußweite im Durchschnitt 30 m auseinander liegenden Wiekhäuser (ursprünglich 60 Stück) sind sehr zahlreich an der Ost- und Nordseite, während sie an der Südseite und im Westen der Stadt weiter auseinander stehen. Sie waren fast durchweg stadtseitig offen und trugen Walm- und Pultdächer. Einige wurden später zugemauert (z.B. der Seilerturm ) und für erste Wachzwecke durch eine Kaminanlage wohnlich gestaltet. Verschieden ist die Möglichkeit bei diesen Wiekhäusern sie zu besteigen. Die starke Befestigungsseite des Ostens und Nordens zeigt vielfach eingebaute massive Wendeltreppen, wogegen die Häuser der anderen Seiten nur durch angestellte Leitern in ihren Etagen erreichbar waren. Bei einigen Wiekhäusern sind noch die stadtseitig großen Spitzbögen des oberen Turmzusammenschlusses sichtbar (Uckerwiek, Seilerturm,Mauerstraße am Durchbruch).

Wegen Baufälligkeit wurde 1876 der Teil vom Seilerturm bis zum Hexenturm abgetragen. Das gleiche Schicksal erlitt 1766 das Stück nördlich des Steintores am Stadtpark. 1595/6 fielen am Rückwerder (an der Wasserpforte) und an den Wurstbuden (Lindenstraße) größere Teile der Mauer ein und mußten mit erheblichen Kosten wieder hergestellt werden. Starken Stürmen fielen am 5. Januar 1657 Mauerteile südlich der Wasserpforte und am 20. Dezember 1639 nördlich vom Mittelturm zum Opfer. Mit einem Kostenaufwand von rd. 1.000 Mark wurde an der Südseite neben der Wasserpforte die Futtermauer 1884 erstellt. Als man die beiden Kasernen I und II an der alten St. Nikolaikirche erbaute, wurde 1768 die Strecke vom heutigen Warmbad bis zum Mittelturm und an der Lindenstraße zum größten Teil abgenommen und das gewonnene Material beim Bau verwendet. Einen noch am Kupferschmiedegang verbliebener Rest entfernte man 1876. Die Hälfte der Mittelgangmauer drohte nach außen zum Mittelgraben überzufallen und ist 1884 bis auf Brusthöhe abgetragen worden.

Der im Gegendorf entstandene sogenannte Durchbruch zwecks Verlängerung der Klosterstraße bzw. Mauerstraße erfolgte erst 1926, wobei die gute Ausgestaltung der benachbarten Wiekhäuser vorgenommen wurde.

Bei den Enttrümmerungsarbeiten 1952 kam in der Lindenstraße dicht nördlich neben der Kreuzstraße ein bisher verbaut gewesener Stadtmauerteil von 25 Metern Länge zum Vorschein.

"Heimliche Pforten" befinden sich verstreut an allen Teilen der Befestigung und sind heute noch erkennbar, so am Ostteil neben dem Hexenturm und dicht am Papendiek.

Weitere derartige Ausgänge waren die Wasserpforte und am Mittelgang die Gartenpforte.

Die gesamte Befestigungsanlage im Norden und Osten war noch durch zwei tiefe Gräben und hohe Wälle in erheblicher Breite geschützt, während die Westseite ihren Schutz durch den früher sehr breiten Mittelgraben und die Südseite durch den Uckersee fanden.

Die Wallanlagen im Norden wurden, als die Mauer keinen wesentlichen militärischen Wert mehr hatte, und nur noch wegen der Steuerkontrolle und Desertionsverhinderung notdürftig unterhalten wurden, zur Ablage eines Tiergartens und später Anpflanzung von Maulbeerbäumen eingeebnet. Nur noch die beiden Springgräben erinnern an die früher vorhandenen Wallanlagen. Im Osten mußte der am Stettiner Tor liegende Teil ebenfalls einer Maulbeerplantage nach Einebnung Platz schaffen, der dann anschließend Friedhof wurde. Friedhofsvergrößerungen erforderten weitere Einebnungen. Der südliche Teil am Steintor wurde Exerzierplatz. Westlich vom Steintor wurden die Wälle zur Errichtung eines Weinberges und Lustgartens bis hinunter zum See in Anspruch genommen. Die Anpflanzung des Walles und Anlage des oberen Fußweges vom Kurgarten bis zur Wasserpforte geschah 1885, und es entstanden somit die Prenzlauer Alpen, mit ihrem Poetensteig (1905).

äußere Stadtmauer mit Wehrtürmen

der Rondesteig innerhalb der Stadtmauer


Quellen:
• "Die Prenzlauer Straßen und ihre Geschichte", Alfred Hinrichs, maschinenschriftliche Aufzeichnungen, 1954
• "Stadtgeschichte und Daten über Prenzlau", 1985-1989 (maschinenschriftlich)